Start Politik Ausland Skandal in Norwegen Türkische Majorin meldete NATO-Skandal

Skandal in Norwegen
Türkische Majorin meldete NATO-Skandal

Der Skandal beim NATO-Manöver "Trident Javelin 2017" in Norwegen wurden von einer Majorin der türkischen Luftwaffe gemeldet. Laut dem Bericht des Habertürk-Journalisten Murat Bardakçı, hat die Majorin der Luftwaffe, Ebru Nilhan Bozkurt, den Skandal ihrem Vorgesetzten gemeldet.

(Foto: Screenshot/TRT)
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Ankara (nex/tp) – Der Skandal beim NATO-Manöver „Trident Javelin 2017“ in Norwegen wurden von einer Majorin der türkischen Luftwaffe gemeldet. Laut dem Bericht des Habertürk-Journalisten Murat Bardakçı, hat die Majorin der Luftwaffe, Ebru Nilhan Bozkurt, den Skandal ihrem Vorgesetzten gemeldet. Inzwischen ist der Ruf nach Austritt aus der NATO wieder laut geworden. In der Parteilandschaft fordern inzwischen nicht nur AKP-Anhänger den Austritt aus der NATO, sondern nationalistische wie auch links- bis linksliberale Kräfte, bis hin zur oppositionellen CHP, dass die Türkei unter diesen Umständen nicht mehr länger der NATO angehören darf.

Bardakçı zufolge bemekte Majorin Bozkurt während des Manövers im Chatverlauf einer eigens für die „Trident Javelin“-Simulation eingerichteten Social-Media-Chat mehrere Usernamen, die untereinander Nachrichten austauschten und dabei das Freund-Feind-Bild aufrechterhielten. Dabei soll unter anderem das Pseudonym „Trump“ im Chatverlauf als Freund, „Atatürk“ oder „RTErdogan“ dagegen als Feind aufgetreten sein, die wichtige strategische feindliche Informationen unter sich austauschen.

Majorin Bozkurt soll daraufhin ihre Vorgesetzten über die Beobachtungen während des Manövers informiert und im Chat selbst angegeben haben, dass der türkische Staatspräsident ranghöchster politischer Oberbefehlshaber sei und dass sie dem Staatspräsidenten nichts nachsagen lassen werde. In der Konsequenz zog der türkische Generalstab rund 40 türkische Soldaten vom Manöver ab. In einer Stellungnahme erklärte Europaminister Ömer Çelik: „Das offizielle Ankara unterstrich, dass Missachtung gegenüber dem Gründer der Republik Türkei, Atatürk, und dem aktuellen Präsidenten Erdogan unannehmbar sei.“

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg entschuldigte sich daraufhin seit Samstagabend bereits zum dritten Mal in 36 Stunden. Dieses Mal nicht mehr nur über eine öffentliche Erklärung und ein Schreiben an Staatspräsident Erdogan, sondern mit einem Telefonanruf beim Präsidenten selbst. Mit einer einfachen Entschuldigung sei es nicht getan, erklärte Erdogan dagegen und zeichnete schwere Zerwürfnisse innerhalb der NATO gegenüber der Türkei auf. So sei nicht nur auf der Höhe der Bedrohungen der türkischen Grenzregion durch den Krieg in Syrien, der Abzug von Raketenabwehrsystemen durch die NATO-Mitglieder ein bislang einmaliger Vorgang, sondern auch die Weigerungshaltung der NATO, Waffen-Technologien zu Teilen oder notwendige Ersatzteile für Waffen nicht zu liefern, weshalb man gezwungenermaßen u.a. auf russische Abwehrsysteme angewiesen sei, so Erdogan in einer Rede am Samstag.

Der Vorfall im Joint Warfare Center der NATO im norwegischen Stavanger scheint mittlerweile aufgeklärt, berichten norwegische Medien. Ein türkischstämmiger norwegischer Offizier soll während der computergestützten Übung „Trident Javelin“ das Feindbild mit dem Porträt des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk platziert haben, dazu noch versehen mit dem Namen des heutigen Staatspräsidenten Erdogan. Türkischen Medienberichten zufolge könnte es sich um ein FETÖ-Mitglied handeln. Derselbe Offizier habe demnach auch ein Twitterkonto mit dem Namen RTErdogan eröffnet. Dort setzte er bereits falsche Nachrichten über angebliche Entscheidungen Erdogans gegen die NATO in die Welt, was türkischen Militärs rasch auffiel. Der norwegische Offizier wurde noch am Freitag von seinen Vorgesetzten in der norwegischen Armee aus dem Übungszentrum entfernt.

Dem Habertürk-Journalisten Murat Bardakçı zufolge wurde Ebru Nilhan Bozkurt Ende Dezember 2013 wegen mutmaßlicher Weitergabe von militärischen Geheiminformationen und Mitgliedschaft in der Ergenekon zu knapp sechs Jahren Haft verurteilt. Die sogenannten „Ergenekon“- und „Balyoz“-Prozesse, in der Hunderte Offiziere der türkischen Armee zu mehrjährigen bis lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wurden, sind inzwischen revidiert worden, nach dem mehrere Berufungsgerichte die für die Anklagen vorgelegten Vorwürfe und Beweise als fingiert und manipuliert betrachtet haben. Bozkurt wurde daraufhin wieder in den Militärdienst aufgenommen und hat hier den Offiziersrang „Major“ erlangt.

Die Justiz wirft der Parallelstruktur im Staat sowie der Gülen-Bewegung vor, die „Ergenekon“- und „Balyoz“-Mammut-Prozesse seit 2007 mit Absicht angestoßen zu haben, um weitere gegnerische Offiziere aus der Armee auszustoßen und die freigewordenen Stellen mit FETÖ-Offizieren zu besetzen und so die Armee, aber auch wichtige Schaltzentralen des Staates zu infiltrieren.

Nach dem Skandal wird inzwischen der Ruf nach einem Austritt aus der NATO immer deutlicher. Nach 1968 und 1978 hat sich die Wahrnehmung unter den Türken über die NATO-Mitgliedschaft seit Jahren wieder deutlich negativ ausgeprägt. Von links- und linksliberalen Kräften, darunter auch den Oppositionsparteien CHP und Vatan, bis hin zu der AKP und MHP wird nach Jahrzehnten wieder ein Austritt verlangt. Laut einer Umfrage des Forschungsinstituts PEW vom vergangenen Sommer fühlen sich 72 Prozent der Türken durch den Bündnispartner USA bedroht.

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