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NSU-Prozess: Haftbefehl für Terrorunterstützer Eminger

Wie erwartet, hat das Oberlandesgericht den beantragten Haftbefehl gegen Eminger erlassen. Dieser wird also bis auf weiteres in der JVA Stadelheim verbleiben. Das Gericht bejaht damit einen dringenden Tatverdacht wegen aller angeklagten Taten sowie den Haftgrund der Fluchtgefahr wegen der hohen Straferwartung.

(Archivfoto: AA)
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Der Haftbefehl gegen Eminger wird verkündet und führt zu bisher ungeahnter Aktivität seiner Verteidigung.

Von Alexander Hoffmann

Wie erwartet, hat das Oberlandesgericht den beantragten Haftbefehl gegen Eminger erlassen. Dieser wird also bis auf weiteres in der JVA Stadelheim verbleiben. Das Gericht bejaht damit einen dringenden Tatverdacht wegen aller angeklagten Taten sowie den Haftgrund der Fluchtgefahr wegen der hohen Straferwartung.

Mit anderen Worten: es wird Eminger mit aller Wahrscheinlichkeit wegen aller angeklagten Taten verurteilen, auch wegen Beihilfe zum versuchten Mord wegen der Anmietung eines Fluchtfahrzeugs für den Anschlag in der Probsteigasse. Und er hat eine Strafe zu erwarten, die jedenfalls in der Nähe der beantragten zwölf Jahre liegen wird.

Dies führte bei Eminger-Verteidiger Kaiser – sein Kollege Hedrich war nicht nur gestern abwesend gewesen, sondern auch heute nicht angereist – zu bisher ungeahnter Aktivität. Bisher war die Verteidigung ja extrem passiv aufgetreten, hatte keine Beweisanträge und nur sehr sehr wenige Fragen an Zeug_innen gestellt, wohl in der Hoffnung, das Gericht werde am Ende zu dem Schluss kommen, dass die Beweise nicht für eine Verurteilung ausreichten.

Nachdem spätestens heute endgültig klar ist, dass diese Hoffnung nicht aufgehen wird, mag sie über eine aktivere Verteidigungsstrategie nachdenken.

Zu Beginn des heutigen Vorführungstermins setzte sich Kaiser schon einmal sehr aktiv für die (vermeintlichen oder tatsächlichen) Interessen seines Mandanten ein – nämlich für das Interesse, dass die anwesenden Nebenklägervertreter_innen vom Termin ausgeschlossen werden. Auch die Verteidiger_innen der Mitangeklagten Zschäpe und Wohlleben legten sich dafür ins Zeug – und das, obwohl natürlich alle Gründe, die für eine Ausschließung der Nebenklägervertreter_innen sprechen könnten, die Verteidiger_innen anderer Angeklagter genauso betreffen würden.

Das Gericht ließ aber im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen den Eminger vorgeworfenen Taten und dem Rest der Anklage die Nebenklägervetreter_innen und die anderen Verteidiger_innen zu. Kaiser kündigte daraufhin einen Befangenheitsantrag gegen die Richter_innen an. Diesen Antrag verschob das Gericht allerdings, verlas zunächst den Haftbefehl.

Eminger wollte sich – wie zu erwarten war – nicht äußern. Sein Verteidiger gab einige fahrige Erklärungen ab, weswegen seiner Auffassung nach zwar ein hinreichender, aber kein dringender Tatverdacht gegen seinen Mandanten bestehe. Hierüber werde man, so das Gericht, schriftlich entscheiden.

Die Hauptverhandlung morgen wird erst um 13 Uhr beginnen, da sowohl Kaiser als auch die Verteidigungen von Zschäpe und Wohlleben mögliche Befangenheitsgesuche angekündigt haben Diese Gesuche werden sehr wahrscheinlich dazu führen, dass die Plädoyers der Nebenklage nicht wie geplant morgen beginnen können, denn nach der StPO muss über Befangenheitsgesuche nach dem Beginn des Plädoyers in jedem Fall entschieden werden, bevor mit der Hauptverhandlung fortgesetzt werden kann.

Für die Nebenkläger_innen, die zu den Plädoyers der Nebenklage ins Gericht kommen wollen, bedeutet die Inhaftierung Emingers im Übrigen eine ganz konkrete Erleichterung: sie müssen nicht mehr befürchten, im Flur vor dem Gerichtssaal oder vor dem Gerichtsgebäude auf diesen engsten Vertrauten des NSU-Trios, der seinen Hass auch in zahlreichen Tattoos auf dem Körper trägt, zu treffen. Solche Aufeinandertreffen hatten in der Vergangenheit für viele Angehörige der Ermordeten und Verletzte der Sprengstoffanschläge erhebliches weiteres Leid bedeutet.

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Erschienen auf Nebenklage NSU Prozess