Köln (nex) – Auch nach fast 18 Jahren ist das spurlose Verschwinden der damals erst zehn Jahre alten Hilal Ercan aus Hamburg-Lurup nicht aufgeklärt. Im Jahr 2011 hat die Sendung „Aktenzeichen XY Spezial“ sich des Falles angenommen, auch das brachte keine verwertbaren Spuren.
Das Mädchen verschwand am 27. Januar 1999 um etwa 13:30 aus dem Einkaufszentrum Elbgaupassage, wo die Zehnjährige war, um sich Süßigkeiten kaufen. Ein Gemüsehändler sah das Mädchen zuletzt gegen 13:25 Uhr auf dem Parkplatz vor dem Einkaufszentrum. Seither fehlt von Hilal jede Spur.
Einige mysteriöse Ereignisse hatten sich seither zugetragen. So hatte sich ein Anrufer bei den Eltern gemeldet, der jedoch zu einem vereinbarten Treffen nicht erschienen war. Außerdem hat ein Verdächtiger gleich zwei Mal ein Geständnis abgelegt und die Polizei zum angeblichen Ablageort der Leiche geführt, die Geständnisse allerdings später widerrufen, ohne dass irgendwelche Spuren am besagten Ort gefunden werden konnten.
Ein Bus will zudem einen „Wikingertyp“ mit rotblonder Haarfarbe beobachtet haben, der sich gegenüber Hilal Ercan auffällig verhalten habe. Im Lichte von DNA-Spuren des 2011 tot aufgefundenen mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhard, die am Fundort der Leiche der ermordeten Peggy Knobloch gefunden wurden, will die Polizei in Hamburg nun auch prüfen, ob es einen möglichen Zusammenhang zwischen der damals zehnjährigen Hilal Ercan und den Rechtsterroristen geben könnte.
Da auf dem Laptop der in München angeklagten Beate Zschäpe unter anderem auch kinderpornografisches Material gefunden wurde und der frühere Verfassungsschutz-Informant und Neonazi Tino Brandt, der zum NSU-Trio Kontakt pflegte, bereits für Straftaten mit pädophilem Hintergrund verurteilt wurde, liegt der Verdacht nahe, dass auch im Neonazi-Netzwerk rund um den „Thüringer Heimatschutz“ noch nicht entdeckte Querverbindungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern zutage treten könnten.
Um ihre Anteilnahme am Schicksal des verschwundenen Mädchens auszudrücken und ihrer Forderung nach Aufklärung des mutmaßlichen Verbrechens Nachdruck zu verleihen, haben mehrere türkische Einwandererorganisationen und Aktivisten für kommenden Sonntag zu einer Kundgebung auf dem Ebertplatz in Köln aufgerufen.
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„Ich möchte mit dieser Veranstaltung zeigen, dass die NSU-Opfer unsere Landsleute waren. Diese Versammlung soll dazu beitragen, dass weitere derartige Gewalttaten und Morde verhindert werden. Ich möchte, dass wir gemeinsam ein Zeichen setzen und zeigen, dass wir zusammenhalten Ich wünsche mir, dass Ermittlungen besser vorangehen und die Opfer nicht nach Ethnie, Hautfarbe oder Religion kategorisiert werden“, so die Veranstalterin Nurcan Kabakoglu in einem Gespräch mit NEX24.
„Ich fühle mit der Familie von Hilal, die seit 1999 als vermisst gemeldet wurde, denn sie ist die Tochter von uns allen, es hätte jeder Familie passieren können, dass ihre Tochter von heute auf morgen verschwindet. Umso schlimmer ist es bestimmt, wenn eventuelle Zusammenhänge mit den NSU Tätern in Verbindung gebracht werden. Ich habe selbst mit dem Bruder kommuniziert und seine Zeilen gaben noch immer die tiefe Trauer, zusammen mit Verzweiflung, wieder. Er wollte selbst nicht am der Veranstaltung teilnehmen und das kann man ihm nicht verübeln.“
Die Zusammenkunft soll um 13 Uhr beginnen. Auch der Landesvorsitzende der Allianz Deutscher Demokraten (ADD), Osman Bahar, hat sein Kommen zugesagt und Anhänger seiner Partei zur Teilnahme aufgerufen. „Die vielen Skandale rund um die Ermittlungen zu den NSU-Verbrechen haben das Vertrauen türkischer Einwanderer in die Arbeit der Polizei stark untergraben“, erklärte Bahar gegenüber NEX24. “
Statt in alle Richtungen zu ermitteln, auch mit Blick auf einen möglichen rechtsradikalen Hintergrund, hatte man das Umfeld der Opfer selbst verdächtigt. Wenn die Polizei dem Verbrechen an der kleinen Hilal jetzt noch einmal nachgeht und es aufklären kann, könnten die Angehörigen wenigstens Ruhe finden. Am Sonntag wollen wir ihnen unsere Solidarität zeigen.“
Gedenken an alle NSU Opfer und für d. vermisste Hilal Ercan