Staatsanwälte in der Türkei und den USA untersuchen dubiose Geldflüsse des Gülen-Netzwerks
Washington (nex) – Im Westen spielt man gerne die aufgeschlossene, dialogorientierte Bewegung, deren visionärer Vordenker einen modernen Islam verkörpert, der die Zeichen der Zeit erkannt hätte. Seit dem 17. und 25. Dezember 2013 zeigt die „Hizmet“-Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen jedoch ihr wahres Gesicht.
Nachdem der Putschversuch in der Türkei gescheitert war, den Anhänger dieser Bewegung damals in einer konzertierten Aktion aus ihren Positionen im Inneren des Staates heraus gegen die gewählte Regierung unternommen hatten, wurde der „Fethullaci Terrororganisation“ (FETÖ), wie sie nunmehr regierungsamtlich bezeichnet wird, durch umfangreiche Umstrukturierungen innerhalb des Beamtenapparats die Operationsbasis im Staate selbst entzogen.
Dem „Parallelstaat“ blieben aber noch das eigene Medienimperium und ein weltweit verzweigtes Netz an Privatschulen, die als Rekrutierungsbasis für Nachwuchs betrachtet werden, offenbar aber auch der Geldbeschaffung für die eigene Wühlarbeit in der Türkei dienen sollen. Nun scheint es jedoch für die FETÖ auch auf diesem Gebiet eng zu werden, da mittlerweile in zahlreichen Staaten der Welt auffällige Finanztransaktionen im Zusammenhang mit dem staatsfeindlichen Netzwerk unter die Lupe genommen werden.
In der Türkei wurde über 22 Unternehmen der Koza Holding die Zwangsverwaltung angeordnet, nachdem sich Hinweise darauf verdichtet hatten, dass unter deren Dach mithilfe dieser Firmengeflechte ein Geldwäschegeflecht errichtet worden sei, das unter anderem dazu dienen soll, Gelder illegaler Strukturen der Bewegung außer Landes zu schaffen und so dem Zugriff türkischer Behörden zu entziehen. Auch Insiderhandel soll es unter den eng miteinander verflochtenen Einichtungen gegeben haben.
Dabei soll man sich der im Bereich der Geldwäsche beliebten Methode des „Smurfings“ („Schlumpfens“) bedient haben. Der Mischkonzern Koza İpek Group habe demnach vermeintlich auf Grund aus Minenaktivitäten oder Börsengeschäften hohe Erlöse erzielt und dieses Geld – in welches Mittel aus illegalen und vom Zugriff durch die Behörden bedrohten Aktivitäten geflossen sind – sollte anschließend unter dem Deckmantel von Spenden und Wohltätigkeitsaktivitäten an Einrichtungen weitergegeben worden sein, die von den gleichen Partnern errichtet worden waren, die auch der Holding angehören.
Man habe dabei auch bereitwillig das Dach von der FETÖ gelenkter NGOs genutzt, weil diese im Regelfall keinen so strengen Geldflusskontrollen unterliegt wie Großkonzerne mit strengen Buchführungsregeln. Die Koza İpek Group habe jedoch nicht nur Geld gewaschen, sondern auch die staatsfeindliche Wühlarbeit und Propaganda der Gülen-Bewegung finanziert. Das System aus klein strukturierten Spenden und Wohltätigkeitsaktivitäten sollte auch helfen, unbemerkt höhere Geldsummen zu bewegen.
Dabei vollzog sich vieles an Geldfluss in bar. Insbesondere nach dem gescheiterten Putsch vom Dezember 2013 steigerte sich dieser geradezu exponentiell, als würde man so viel an Geld wie möglich in kurzer Zeit aus Einrichtungen schaffen, die im Zusammenhang mit dem versuchten Staatsstreich standen. Experten zufolge sollen innerhalb des Systems, ähnlich wie im Schlumpfendorf, alle Beteiligten nur bestimmte Aufgaben zugeteilt bekommen und diese ausgeführt zu haben.
Deshalb gingen auch alle davon aus, legale Transaktionen zu tätigen. In Summe seien die Organisationen aber nur zu dem Zweck gegründet worden, illegale Mittel in legale Kreisläufe zu transferieren. Den Überblick über das große Ganze hatten nur die oberen Chargen. Die Behörden schöpften Verdacht, als die Summe der Spenden in manchen Unternehmen der Holding höher war als die der Erträge. Nicht nur in der Türkei geriet das Gülen-Netzwerk jedoch ins Visier der Staatsanwaltschaft. Auch in den USA hat man nun seitens des FBI ein Auge auf das Netz an Charterschulen geworfen, das von Vertrauten des in Pennsylvania ansässigen Predigers auch in den USA betrieben wird.
Das Netzwerk soll in den Vereinigten Staaten vor allem staatliche Fördergelder veruntreut haben, indem sie türkische Lehrer aus ihrem Umfeld ohne nennenswerte Englischkenntnisse angestellt und Aufträge über Lehrmittel sowie Dienstleistungen ohne Ausschreibung an Firmen aus dem Gülen-Imperium vergeben haben sollen. Es stellt sich einmal mehr die Frage, ob US-amerikanische Steuergelder auch im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten der FETÖ zum Einsatz gekommen waren.
Einige Schulen sind auch bereits geschlossen worden oder es wurde ihnen die staatliche Förderung entzogen, weil sie die erforderlichen Standards nicht einhalten konnten.
Ähnliches soll sich übrigens auch in zahlreichen anderen Ländern der Welt zugetragen haben, etwa in Gabun oder im Senegal, wo mittlerweile wie auch in Aserbaidschan die Gülen-Schulen geschlossen wurden. Auch fiel auf, dass die aus der Türkei eingeflogenen Lehrer, die trotz meist geringerer Qualifikation nominell besser bezahlt wurden als ihre US-Kollegen, bis zur Hälfte ihrer Gehälter an Einrichtungen des Gülen-Netzwerks gespendet haben sollen.
Die Staatsanwaltschaft will in Kürze mitteilen, ob ihr Verdacht bezüglich des betrügerischen Umgangs mit Steuermitteln eine Anklage zur Folge haben werde. Der Fachanwalt für Wirtschaftsrecht, Robert Amsterdam, der seitens der türkischen Regierung als Experte zu den globalen Ermittlungen hinzugezogen wurde, erklärte auf einer Pressekonferenz am Montag, dass die Gülen-Anhänger versuchen würden, ihren Einfluss auf globaler Ebene auszuweiten und zu diesem Zwecke unter anderem internationale Journalisten anheuern würden.
Es wäre erforderlich, auch auf internationaler Ebene die Strukturen und Geldflüsse des umstrittenen Netzwerks zu untersuchen. Amsterdam zufolge beziehe sich die Untersuchung in den USA weniger auf die Person Gülens selbst als auf die Organisation um ihn herum. Gülen-nahe Schulen würden alleine in den USA etwa 150 Millionen US-Dollar aus Steuermitteln erhalten. Auch flössen üppige Spendenmittel der Gülen-Bewegung an US-Kongressabgeordnete und Senatoren, um so den eigenen Einfluss in den USA zu steigern.
Unterdessen machte die FETÖ Amsterdam gegenüber ihr „Dialogverständnis“ deutlich, indem, wie der Jurist berichtete, aus deren Reihen Todesdrohungen ihm gegenüber ausgestoßen wurden. Außerdem mehrten sich in den gülenistischen Medien diffamierende Berichte über seine Person. Dabei wird offenbar auch vor dem Anschlagen antisemitischer Töne mit Blick auf die amerikanisch-jüdische Herkunft Robert Amsterdams nicht zurückgeschreckt.
So übte etwa İhsan Yılmaz in der bewegungseigenen „Zaman“ auf Twitter daran Kritik, dass der türkische Staat einen „jüdischen“ Anwalt bestellt habe. Gülenisten-Anwalt Sıddık Filiz twitterte: „Das Geld kommt von der Nation, während der Anwalt, den sie angeheuert haben, ein Jude ist […]“. Bereits im Jahre 2014 hatte das FBI in 19 Gülen-nahen Charterschulen in Ohio, Indiana und Illinois erstmals Razzien wegen des Verdachts von Verbrechen im Zusammenhang mit Ausschreibungen im Bildungswesen durchgeführt.