Erster erfolgreicher Testflug 2019
Von Kemal Bölge
Es ist der 6. Dezember 2019, Militärflugplatz Çorlu in der Provinz Tekirdağ. Aus dem Flugzeughangar wird mit einem Schlepper ein Ungetüm zum Rollfeld gebracht, denn auf diesen Augenblick haben die Ingenieure und Techniker von Baykar Technologies seit langer Zeit hingearbeitet. Der Prototyp der Angriffsdrohne Bayraktar Akıncı (TIHA), soll zu ihrem Jungfernflug starten. Die Turbo-Prop-Triebwerke werden eingeschaltet und dann rollt die Drohne von der Position zum Start.
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Sie beschleunigt ihre Geschwindigkeit und wird immer schneller und dann endlich Take-off. Es ist genau 15:19 Uhr Ortszeit, als die Akıncı in den Himmel steigt und 16 Minuten nach dem Start wieder auf dem Flugplatz der türkischen Luftwaffe sicher landet. Die Erleichterung über diesen erfolgreichen Test ist aus den Gesichtern des Baykar-Teams deutlich abzulesen. Ihren Namen hat die Drohne den Osmanen zu verdanken. Die Akincis (auf Deutsch auch Renner und Brenner) waren ursprünglich osmanische Reitertruppen gemeint, die in feindlichen Terrain den Gegner und die örtlichen Gegebenheiten auskundschafteten.
Technische Details der Angriffsdrohne
Die Akıncı besitzt zwei ukrainische Turbo-Prob-Triebwerke des Typs Iwtschenko Progress AI-450C, die im August 2019 nach erfolgreichem Test in die Drohne integriert wurden. Die Turbinen des Prototyps hatten eine Leistung von 2 x 450 PS, wobei Baykar auch Triebwerke mit einer Leistung von 2 x 750 PS und 2 x 200 PS für ähnliche Modelle konfiguriert hat. Sie ist nach Herstellerangaben in der Lage, 24 Stunden in der Luft zu bleiben und erreicht eine Flughöhe von 40.000 Feet, was umgerechnet 12.192 Meter entspricht. Die Flügelspannweite beträgt 20 Meter, und die Länge 12,2 Meter.
Die Akinci hat ein Leergewicht von 4,5 Tonnen und kann bis zu 1,35 Tonnen Nutzlast mit sich führen. Ausgestattet ist diese Angriffsdrohne mit elektronischen Systemen und einem vielseitig einsetzbaren Radarortungssystem. Darüber hinaus besitzt es ein erweitertes System zur elektronischen Kriegsführung und ermöglicht die Überwachung und Auswertung von feindlichen Signalen. Dank der künstlichen Intelligenz kann das System ein bereits markiertes Ziel selbst berechnen, den Start, das Abheben in die Luft sowie den Angriff selbstständig ausführen und wieder zum Heimatflughafen zurückkehren.
Diese Informationen können dann per Satellit weitergeleitet werden. Selbst wenn ein Satellit vom Feind getroffen werden sollte, kann das System autonom einen Angriff durchführen. Außerdem ist es möglich, die Drohne mit Luft-Boden-Raketen und Luft-Luft-Raketen auszurüsten, die gegen Ziele in der Luft als auch am Boden eingesetzt werden können. Die Akıncı kann auch mit türkischen Hochpräzisionsmarschflugkörpern des Typs SOM (Stand-off Mühimmat Seyir Füzesi) bestückt werden. Damit ist es möglich, weit entfernte Ziele aus großer Distanz zu treffen.
Vergleich mit einem Kampfflugzeug ist abwegig
Es wäre jedoch vermessen, die Akıncı mit einem Kampfflugzeug zu vergleichen, da allein die Manövrierfähigkeit eines Kampfflugzeugs, wie etwa ein Dog-Fight oder ein Nahkampf in der Luft diese Drohne überfordern würde, da sie nicht hierfür konzipiert wurde. Der Einsatz dieser Angriffsdrohnen ist eher als Entlastung für einsatzfähige Kampfflugzeuge zu sehen und es ist ökonomisch betrachtet wesentlich effizienter, da die Einsatzkosten für Drohnen wesentlich geringer sind.
Dieses Jahr erfolgten weitere Testflüge, bei dem auch ein gut gemachter Dokumentarfilm über die Akıncı der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Wenn alles nach Plan läuft, sollen die ersten sechs Bayraktar Akıncı 2021 den türkischen Streitkräften übergeben werden. Das Wesentliche bei dieser Drohne ist, wie der technische Leiter Selçuk Bayraktar in dem Film betont, „die Software und die elektronischen Systeme.“
Die Akıncı wird gelegentlich als der große Bruder der Bayraktar TB2 bezeichnet, die als eines der erfolgreichsten Kampf- und Aufklärungsdrohnen ihrer Zeit gilt und dies in Einsätzen in Syrien, Libyen und in Berg-Karabach unter Beweis stellte. Ihre Größe ermöglicht der Akıncı eine viel größere Nutzlast aufzunehmen (1.350 kg) als im Vergleich die TB2 mit 150 kg, also das neunfache mehr an Gewicht transportieren kann.
Die neue Angriffsdrohne muss sich in ihren zukünftigen Einsätzen jedoch erst beweisen, da sie anders konzipiert ist. Nach Ansicht von Militärexperten gibt es auf der Welt nur ein paar Länder, die eine derartige Drohne in dieser Größenordnung bauen können.
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