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Şentop: Dr. Sadık Ahmet ist das gemeinsame Gewissen der muslimischen und türkischen Welt

Anlässlich des Geburtstags von Dr. Sadık Ahmet fanden in Westthrakien und in der Türkei Gedenkfeiern im Andenken an den Menschenrechtsaktivisten statt.

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Keşan – Anlässlich des Geburtstags von Dr. Sadık Ahmet, der am 7. Januar 1947 im westthrakischen Dorf Küçük Sirkeli (Ağra), im Nordosten Griechenlands geboren wurde, fanden in Westthrakien und in der Türkei Gedenkfeiern im Andenken an den Menschenrechtsaktivisten und Politiker statt.

Wegen der Umbenennung einer Straßenkreuzung in „Dr. Sadık-Ahmet-Kreuzung“, in der ostthrakischen Kreisstadt Keşan (Türkei), erklärte der Präsident der Türkischen Nationalversammlung, Prof. Dr. Mustafa Şentop: „Der Name ʻDr. Sadık Ahmetʼ, der das gemeinsame Gewissen der muslimischen und türkischen Welt ist und immer in unserem Herzen sowie Erinnerungen bleibt, wird von Keşan aus bis zu unserer Herzensregion, dem Balkan, weiterleben. An seinem 76, Geburtstag gedenken wir ihm mit Ehrfurcht und einem Gebet.“

Die „Agentur Balkan“ schrieb auf Twitter: „Dr. Sadık Ahmet entwickelte sich zu einer beispielhaften Persönlichkeit und einer legendären Führungspersönlichkeit in Westthrakien mit seinem lebenslangen Kampf für den Schutz der Rechte der Minderheit gegen die Menschenrechtsverletzungen, denen die in Griechenland lebenden Westthrakien-Türken ausgesetzt waren.“

Türkische Identität wird nicht anerkannt

An den Universitäten von Ankara und Thessaloniki studierte Ahmet Medizin, dass er 1974 erfolgreich abschloss und war ab 1984 als Chirurg tätig. Neben seinem Beruf als Arzt widmete sich er sich den gesellschaftlichen Problemen der türkischen Minderheit im nordöstlichen Teil Griechenlands. Ein wesentliches Merkmal dieser Problematik besteht darin, dass Athen sich weigert, die Ethnizität der Türken anzuerkennen und stattdessen den Begriff „griechische Muslime“ verwendet, obwohl diese Menschen sich als Türken muslimischen Glaubens betrachten.

In einer Unterschriftenaktion machte der charismatische Menschenrechtsanwalt und Politiker 1985 auf die Probleme der türkischen Minderheit aufmerksam, bei dem er schätzungsweise 15.000 Unterschriften sammelte. Für seinen unermüdlichen Einsatz der Grundrechte der türkischen Minderheit wurde er vor Gericht angeklagt und später zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt.

Bei den griechischen Parlamentswahlen von 1989 wurde Ahmet als erster unabhängiger Abgeordneter der türkisch-muslimischen Minderheit ins Athener Parlament gewählt. Seine Wahl wurde jedoch später annulliert. Wegen einer Rede am 26. Januar 1990 wurde er wegen der Verwendung des Begriffs „Türken“ für die Minderheit in Westthrakien zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Dr. Sadık Ahmet: „Nur weil ich Türke bin, muss ich ins Gefängnis“

Vor Haftantritt erklärte Ahmet damals: „Nur weil ich Türke bin, muss ich ins Gefängnis. Wenn es strafbar ist, Türke zu sein, sage ich noch einmal, dass ich Türke bin und es auch bleiben werde.“

Der Anwalt für die Rechte und Freiheiten der türkischen Minderheit in Westthrakien

Durch eine Gesetzesänderung des Wahlrechts wurde 1993 eine Drei-Prozent-Hürde für das griechische Parlament beschlossen, damit unter anderem unabhängige Kandidaten wie Sadık Ahmet nicht ins Parlament einziehen konnten. Zu seinen Charaktereigenschaften gehörte zweifellos seine Furchtlosigkeit. Er setzte sich für die Rechte der türkischen Minderheit ein.

Weil er sich unermüdlich für den Türkischunterricht für die Schülerinnen und Schüler der türkischen Minderheit einsetzte, die Identitäts- und Religionsfreiheit verteidigte, wurde Ahmet für die damalige griechische Regierung zu unbequem. Bei einem rätselhaften Verkehrsunfall im Dorf Susurköy/Sostis am 24. Juli 1995, der nie vollständig aufgeklärt werden konnte, kam Dr. Sadık Ahmet ums Leben. Wäre Ahmet noch am Leben, hätte er gestern seinen 76. Geburtstag gefeiert.

Kemal Bölge