Start Politik Deutschland Ukraine-Krieg „Wie soll ein Geringverdiener einen Preisanstieg abfangen?“

Ukraine-Krieg
„Wie soll ein Geringverdiener einen Preisanstieg abfangen?“

Die Bundesregierung will, dass die Bundesbürger für die Ukraine und das ukrainische Volk sparen. Habeck empfahl gar: „Wer Putin schaden will, spart Energie.“

(Symbolfoto: pixa)
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Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel

Die deutsche Bundesregierung will, dass die Bundesbürger für die Ukraine und das ukrainische Volk sparen. Wirtschaftsminister Robert Habeck empfahl gar: „Wer Putin schaden will, spart Energie.“

Wirklich? Energie ist teurer wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Und Russland dreht am Gashahn, wie es ihm beliebt. Wenn Russland den Gasfluss vollends einstellt, besteht die Gefahr, dass sich die Preise noch einmal verdoppeln oder verdreifachen.

Zu Hause gibt es viele Möglichkeiten, Energie sinnvoll einzusetzen, damit sparsam umzugehen. Schon die drastischen Preiserhöhungen von Strom und Gas von vor Monaten, die nun langsam aber beständig auf die Bundesbürger zukommen, hat einen Spareffekt von bis zu 8 Prozent zur Folge.

Nur, wie soll ein Otto Normalverbraucher mit Preissteigerungen wie im Mai von fast 40 Prozent einsparen? Wie soll ein Geringverdiener, ein Mindestlohnempfänger, eine junge Familie einen Preisanstieg abfangen, der innerhalb einer Woche eine zweistellige Zahl ankratzt? In den vergangenen sieben Tagen ist im Vergleich zur Vorwoche die Kilowattstunde Gas allein um 9,1 Prozent gestiegen.

Die Politik will mit guten Beispielen vorangehen und schaltet daher das Licht von öffentlichen Fassaden ab, regelt die Heizungen von öffentlichen Schwimmbädern runter, zeigt den Bundesbürgern auf, wie sie Energie sinnvoll einsetzen und einsparen können.

Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass letztendlich jeder irgendwann duschen muss, Zähne putzen und im dritten und letzten Quartal des Jahres nach getaner Arbeit, bevor der Kissen ruft, sich noch aufwärmen und erholen will.

Wie sollen Bundesbürger Energie einsparen, das im Vergleich zum Vorjahr für Neukunden um fast 600 Prozent gestiegen ist? Bis zum nächsten Frühjahr mit kaltem Waschlappen abschrubben? Die Zähne erst gar nicht benutzen, sondern nur noch Minze, Petersilie oder Dill lutschen? Im Wohnzimmer mit Kapuze und Schal runden drehen und dabei mit dem Atem Eiskristalle zaubern?

Und was machen die Bundesbürger erst, wenn Experten zufolge die Gaspreise für Haushaltskunden im Jahr 2023 aus heutiger Sicht sich etwa verdoppeln wird, wie sie derzeit gehandelt werden? Dabei reden wir nicht einmal davon, was passiert, wenn der russische Präsident Wladimir Putin die Gaspipeline Nord Stream 1 vollständig abschaltet.

Aber wir wollen mal nicht den Teufel an die Wand malen und hoffen erst einmal, dass die europäische Solidargemeinschaft sich beizeiten mit Gaslieferungen untereinander aushilft. Oder doch nicht? Mir schwant dabei nichts Gutes! Erinnern Sie sich noch, wie die europäische Solidargemeinschaft während der Corona-Pandemie reagierte?

Da war sich jeder selbst am nächsten! Man beschlagnahmte Fremdbestellungen an Hygieneartikeln oder medizinischen Geräten. Ja sogar Mundschutzmasken, die eigentlich an ein anderes EU-Mitgliedsland adressiert waren, wurden einfach einkassiert.

Und so drehen wir uns in einer Preisspirale, die von der Pandemie angestoßen und vom Ukraine-Krieg beschleunigt wird. Letztendlich kann der Niedriglohnempfänger, kann eine Familie, das sich schon letztes Jahr keinen Urlaub leisten konnte, sich dumm und dämlich sparen; der Effekt wäre angesichts der Preissteigerungen von Vormonaten schon gegen null.

Klar, die neue Bundesregierung hat es mit einer Konstellation zu tun, die in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartig ist. Aber wie zum Teufel soll jemand, der sich jetzt schon selbst beim Nägelkauen erwischt, die am 1. Oktober 2022 in Kraft getretene Gasumlage zusätzlich aufwenden? Sie liegt bei 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Bei einem Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden betragen die Mehrkosten etwa 484 Euro; aufgeteilt auf den Monat sind das immerhin 40 Euro.

Stellt sich die Bundesregierung wirklich nur so dusselig an oder will man es wirklich darauf ankommen lassen, die Bundesbürger mit Brot und Spielen im Bann des Ukraine-Kriegs zu halten? Wie lange kann das denn gut gehen?


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar. 


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