Kiew – In den von der russischen Armee befreiten Regionen der Ukraine wurden am Donnerstag weitere Folterräume entdeckt.
Wie die Staatspolizei mitteilte, wurden hierfür die Räume einer Firma in der Stadt Wowtschansk der Kharkiv-Region zu Folterräumen umgebaut. Einwohner der Stadt, die nicht mit der russischen Besatzungsarmee koperierten, seien dort gefoltert worden.
„In den Räumlichkeiten wurden Folterinstrumente, Schlingen, Klammern usw. gefunden“, heißt es in dem Bericht.
In einer Zelle hielten die Besatzer zwischen 20 und 40 Menschen fest. Sie erhielten Stromschläge, ihnen wurden die Nägel ausgerissen und die Finger gebrochen, heißt es weiter. An den Wänden der Zellen seien Markierungen gefunden worden, die womöglich von den Gefangenen stammen, um den Überblick über Tage und Monate nicht zu verlieren. Auch Gebete seien in die Wände eingeritzt worden.
Bereits vor einigen Wochen wurden auch in anderen Gebieten der entdeckt worden. „Bis zum heutigen Tag kann ich von mindestens zehn Folterräumen in Orten der Region Kharkiw sprechen“, sagte der nationale Polizeichef Igor Klymenko. Allein zwei seien in der kleinen Stadt Balaklija entdeckt worden. Der russischen Armee wird seit Monaten vorgeworfen, in den besetzten Gebieten in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen zu haben.
„Sie haben mich überall geschlagen. Sie haben mir den Arm gebrochen. Ein Russe hielt ihn fest und ein anderer schlug ihn mit einem Rohr. Sie schlugen mich so sehr, dass ich nichts mehr spürte. Sie setzten meine Fingerspitzen unter Strom – sie aus der am 11. September befreiten Stadt Izyum gegenüber BBC.
Dann wurden ihm Nadeln in den Rücken gestochen
„Sie waren lang, und sie steckten sie hier und hier unter die Haut“, sagt er und zeigt auf seine Schultern. „Ich wurde halbtot von dort geholt, als unsere Truppen diesen Ort befreiten.“
Das war am 11. September, als ukrainische Truppen in die Stadt einmarschierten und die mehr als fünfmonatige russische Herrschaft beendeten. Während der Besetzung nutzten die Russen die Stadt als Ausgangspunkt für Angriffe in der östlichen Donbass-Region und als wichtigen Logistikstützpunkt.
Mykhailo wurde zusammen mit anderen inhaftiert, die die Russen der Sabotage verdächtigten. Die Gefangenen trugen Kapuzen und teilten die beengten Verhältnisse und die Misshandlungen.
„Alle, die mit mir inhaftiert waren, wurden gefoltert“, sagt er. „Manchmal holten sie jemanden zwei- oder dreimal an einem Tag aus der Zelle. Ich habe gesehen, wie jemand hinausgetragen wurde. Ich glaube, er war tot.“
Mykhailo trägt ein Kreuz um den Hals über einem gestreiften T-Shirt.Auf die Frage, ob er während seiner Zeit in den Zellen gebetet hat sagt der Rentner: „Natürlich. Ich musste beten. Jeder würde dort beten.“ Die Folterung fand in der Polizeistation in Izyum statt.
Mykhailos Bericht über die Elektroschocks, die er erlitten hat, spiegelt andere Aussagen wider, unter anderem von einem ehemaligen Journalisten namens Maxim, der sagte, er sei in denselben Zellen festgehalten worden.
„Sie befestigen Elektroden und schließen einen Strom an, und man beginnt zu zittern“, sagte er. „Ich bin vom Stuhl gefallen. Der Schmerz war zu stark. Es war stockdunkel. Sie folterten uns in völliger Dunkelheit. Sie hatten Kopflampen. Ich fragte meine Zellengenossen, wie lange ich abwesend gewesen sei, und sie sagten mir, 40 Minuten. Ich glaube, dass man nach 15 bis 20 Minuten ohnmächtig wird“.