Türkei
    Festnahmen wegen Mord an Gülen-Kritiker Dr. Hablemitoğlu

    Festgenommene Beschuldigte standen in Kontakt zum mutmaßlichen Täter, der vom türkischen Geheimdienst aus der Ukraine in die Türkei gebracht wurde. Getöteter Hablemitoğlu galt als einer der ersten Akademiker, der vor der Gefährlichkeit des Gülen-Netzwerks eindringlich gewarnt hatte. Festgenommene Tatverdächtige hatten Kontakt zum mutmaßlichen Attentäter

    Der mutmaßliche Täter Nuri Gökhan Bozkır bei seiner Festnahme am 27. Januar 2022
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    Ankara – Im Zusammenhang mit dem Attentat auf den Akademiker und Fetö-Kritiker Dr. Necip Hablemitoğlu am 18. Dezember 2002 hat die Generalstaatsanwaltschaft Ankara die Verhaftung von sechs weiteren Verdächtigen bekannt gegeben. Den festgenommenen werden Verbindungen zum mutmaßlichen Täter Nuri Gökhan Bozkır vorgeworfen.

    Wie die türkische Tageszeitung Cumhuriyet berichtet, haben auf Weisung der Anklagebehörde Beamte der Anti-Terrorabteilung der türkischen Polizei am 3. Februar sechs Verdächtige festgenommen. Die Befragung der Tatverdächtigen werde im Polizeipräsidium von Ankara fortgesetzt.

    Türkischer Geheimdienst brachte Todesschützen aus der Ukraine in die Türkei

    Der türkische Geheimdienst MIT hatte am 27. Januar den mit internationalem Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen Todesschützen in der Ukraine aufgespürt, festgenommen und in die Türkei gebracht. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte im Januar die Festnahme des Beschuldigten mitgeteilt.

    Verdächtiger wollte sich seiner Festnahme durch Asylantrag entziehen

    In Kooperation der ukrainischen und türkischen Polizei gelang 2019 in Kiew die Festnahme von Bozkır. Dieser wurde in einem türkischen Restaurant in Kiew von Spezialkräften der ukrainischen Polizei überwältigt. Das Justizministerium in Ankara hatte vor drei Jahren dessen Auslieferung beantragt. In der Zwischenzeit hatte der Verdächtige einen Asylantrag in der Ukraine gestellt.

    Beweismittel wurden durch Mitglieder des Gülen-Netzwerks systematisch unterschlagen

    Beim Beschuldigten handelt es sich um einen Ex-Hauptmann der türkischen Armee, der unehrenhaft aus dem Dienst entlassen wurde. Damit es zu keinem Gerichtsprozess kommt, wurden die Akten zum Attentat als auch Gegenstände vom Tatort, von Mitgliedern des terroristischen Gülen-Netzwerks bei den Gerichten, den Staatsanwaltschaften und den

    Sicherheitsbehörden jahrelang systematisch unterschlagen oder unter Verschluss gehalten. Die Generalstaatsanwaltschaft in Ankara hatte vor dem Putschversuch von 2016 die Ermittlungen wegen des Mordes an Dr. Hablemitoğlu wieder aufgenommen. Wie mehrere Zeugen ausgesagt haben, wurden zwei Personen mit einem gelben Pkw am Tag des Attentats in der Straße, wo sich das Haus von Dr. Hablemitoğlu befand, beobachtet.

    Ermittler konnten Attentat rekonstruieren

    Ermittlern gelang es, den Mord später zu rekonstruieren. Demnach kam Dr. Hablemitoğlu gegen 20 Uhr auf dem Parkplatz des Wohnkomplexes an, stellte dort sein Auto ab, stieg aus und wollte zu seinem Apartment laufen. Es war 20:03 Uhr, als ein oder mehrere Täter sich ihm näherten und zwei Schüsse aus einer Pistole oder einer zweiten Schusswaffe auf den Universitätsdozenten abfeuerten.

    Eine Kugel traf ihn am Kopf und die zweite Kugel sein linkes Auge, er verstarb noch am Tatort. Der oder die Täter konnten im Schutz der Dunkelheit mit einem Auto entkommen. Die Spurensicherung der Polizei fand am Tatort zwei Patronenhülsen. Die eine Patronenhülse stammt aus einer Pistole der US-Marke Luger und die zweite vom türkischen Fabrikat der Marke MKE.

    Internationales Zentrum für Terrorismus- und Sicherheitsforschung: Gülen-Netzwerk hat zahlreiche Morde an kritischen Journalisten und Akademikern verübt

    Auf das Konto des Gülen-Netzwerks gehen nach Angaben des Internationalen Zentrums für Terrorismus- und Sicherheitsforschung (UTGAM) zahlreiche Morde an Journalisten und Akademikern in der Türkei. Die Forscher berichten in ihrer Studie vom Mord am Akademiker Dr. Necip Hablemitoğlu, von der Universität Ankara, der 2002 vor seinem Haus ermordet wurde.

    Er galt als einer der ersten Akademiker, der vor der Gefährlichkeit des Gülen-Netzwerks eindringlich gewarnt hatte. Er verfasste dazu zahlreiche Schriften. Kurz vor der Fertigstellung seines Buches „Köstebek“ (Der Maulwurf) wurde Hablemitoğlu getötet. Sein nicht fertiggestelltes Buch erschien dennoch postum.

    Kemal Bölge/Ankara