Düsseldorf – Suchtforscher warnen vor einem deutlichen Anstieg der Zahl von Alkoholabhängigen in Deutschland durch die Belastungen in der Corona-Krise.
Nach einer Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim und des Klinikums Nürnberg trinken viele Menschen seit Ausbruch der Pandemie mehr Alkohol – bei einer Umfrage unter rund 3200 Befragten gaben 35,5 Prozent von ihnen an, dass ihr Alkoholkonsum seit den Einschränkungen gestiegen sei.
„Die Pandemie bietet eine neue Gelegenheit zum Trinken. Wer schon davor zu Hause abends ein Glas Wein getrunken hat, greift jetzt vielleicht auch nachmittags zu“, sagte Falk Kiefer, Ärztlicher Direktor in Mannheim, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Er warnte: „Alkohol macht psychisch und körperlich abhängig. Wer jetzt mehr trinkt, trinkt oft auch danach mehr. Die Gewöhnung an die höhere Dosis führt nach und nach in die Abhängigkeit.“
Schon aus früheren Pandemien sei bekannt, dass sie Alkoholabhängigkeit begünstigen könnten. Die Umfrage zeige zum ersten Mal für Deutschland, dass diese Gefahr auch während der Corona-Krise bestehe.
„Wir haben inzwischen recht belastbare Ergebnisse“, sagte Kiefer. Das Bundesgesundheitsministerium erklärte auf Anfrage, die Umfrage sei bekannt, aber nicht repräsentativ. „Wenn wir keine belastbaren Zahlen haben, wollen wir darüber auch nicht spekulieren“, sagte ein Sprecher der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig (CSU).
Kiefer und seine Kollegen schreiben in ihrem Bericht allerdings, dass Prävention „schon während der Akutphase“ der Pandemie wichtig sei.