Nach der Festnahme von zwölf Rechtsextremisten, denen die Bildung einer terroristischen Vereinigung und Planung von Anschlägen auf Moscheen nach dem Vorbild des Attentäters in Christchurch vorgeworfen wird, fordern Islamverbände in Deutschland ein umfassendes Sicherheitskonzept.
„Politik und Behörden stehen in der Pflicht, ein Sicherheitskonzept vorzulegen, wie sie Muslime und ihre Einrichtungen besser schützen können. Es kann nicht sein, dass Muslime selbst für ihre Sicherheit sorgen müssen“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).
Altaş weiter:
„Zunächst einmal möchte ich mich bei den Sicherheitsbehörden für ihren Einsatz und die rechtzeitige Festnahme der Rechtsterroristen bedanken. Es ist nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn die Beschuldigten ihre Pläne in die Tat umgesetzt hätten. Das ist eine unerträgliche und fürchterliche Vorstellung.
Deshalb fordern wir die Verantwortlichen auf, ein umfassendes Sicherheitskonzept für Moscheen, Synagogen und andere Einrichtungen religiöser Minderheiten, die ebenfalls vor einer erhöhten Bedrohungslage stehen, vorzulegen. Es kann nicht sein, dass Moscheegemeinden, die mit Spendengeldern finanziert werden, die mit Mühe und Not über die Runden kommen, auch noch ihre eigene Sicherheit finanzieren müssen. Der Staat steht in der Pflicht, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Dazu gehören auch Muslime.
Trotz dieses Ermittlungserfolgs müssen wir festhalten, dass das Sicherheitsempfinden der Muslime in Deutschland weiterhin stark angeschlagen ist. Die Zahl der Gewalttaten gegen Muslime und ihre Einrichtungen steigen, die Qualität der Gewalttaten nimmt drastisch zu. Allein in der vergangenen Woche gab es mehrere Bombendrohungen mit Evakuierungen und Durchsuchungen. Daran können und möchten wir uns nicht gewöhnen.
Zur allgemeinen Verunsicherung trägt auch bei, dass diese Bedrohungslage von Seiten der Politik nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit beachtet, teilweise sogar heruntergespielt wird. Muslime haben nicht das Gefühl, als hätte die Politik vom NSU-Komplex Lehren gezogen. Nach wie vor warten die meisten der vorgeschlagenen Empfehlungen der Untersuchungsausschüsse auf ihre Umsetzung. Das ist grob fahrlässig.“
Terror gegen Muslime: Was muss noch geschehen, damit das Schweigen bricht
Auch der türkisch-islamische Verband Ditib forderte, den Schutz der Moscheen und Muslime konsequent zu gewährleisten. Der Verband appelliert an Politik und Gesellschaft, Stellung zu beziehen.
Das Schweigen der Mehrheit, auch der Politik und der moderaten Kräfte in unserem Land, insbesondere bei Angriffen gegen Muslime, wird nicht nur von einer breiten Gesellschaftsschicht als stillschweigende Duldung verstanden. Es ist geeignet, bei bestimmten Gruppen den Eindruck zu erwecken, dass das Agieren gegen Muslime „eigentlich legitim“ sei. Wir haben als DITIB immer wieder vor dieser Entwicklung gewarnt, und die Gesellschaft aufgefordert, auch bei Angriffen gegen Muslime Solidarität zu zeigen und klare Stellung gegen Hass und Unrecht zu beziehen.
Leider blieben diese Mahnungen immer wieder ergebnislos. Erneut erleben wir heute eine Anteilslosigkeit, die Sorge bereitet. Was muss noch geschehen, damit Politik und Gesellschaft das Schweigen bzw. die stillschweigende Duldung von Angriffen gegen Muslime beenden? Was muss noch geschehen, damit man sich der Dämonisierung des Islam und der Markierung von Muslimen als „fremde Gefahr“ durch Populisten und Rechtsextreme entgegenstellt?