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Militäroffensive in Syrien
Türkischer Oppositionspolitiker: USA wollen mit PYD Ölfelder in Syrien kontrollieren

Der ehemalige türkische Diplomat, CHP-Politiker und Politologe Onur Öymen gab gegenüber einem türkischen Online-Nachrichtenportal ein Interview. Darin schildert Öymen, wie der ehemalige US-Botschafter von Damaskus, Robert Ford, am 11. Mai 2017 die Gründung der "Partiya Yekîtiya Demokrat" (dt. Partei der Demokratischen Union, PYD) erklärt.

(Archivfoto: TRT Haber)
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Von Nabi Yücel

Der ehemalige türkische Diplomat, CHP-Politiker und Politologe Onur Öymen gab gegenüber einem türkischen Online-Nachrichtenportal ein Interview. Darin schildert Öymen, wie der ehemalige US-Botschafter von Damaskus, Robert Ford, am 11. Mai 2017 die Gründung der „Partiya Yekîtiya Demokrat“ (dt. Partei der Demokratischen Union, PYD) erklärt.

Die nordsyrische Partei PYD gilt als Schwesterpartei der Terrororganisation PKK, aus der sie 2003 hervorgegangen ist. Laut eigener Satzung ist die PYD Teil der PKK, wurde auf Beschluss der PKK gegründet.

In OdaTV interviewt Reporterin Nurzen Amuran den ehemaligen türkischen Diplomaten Onur Öymen. Hier eine Zusammenfassung des Interviews:

Nurzen Amuran: Obwohl die Türkei die militärische Operation „Friedenquelle“ begründet hat, wird sie seither scharf kritisiert. Das, obwohl wir in diesem Zusammenhang bei der Bekämpfung des PKK-Terrorismus bislang von unterschiedlichen Ländern unterstützt wurden. Sie haben während einer Rede erwähnt, dass der US-Botschafter von Damaskus, [Syrien] Robert Ford, während seiner Zeit zwischen 2011 bis 2017 einen Artikel veröffentlicht hat. Am 11. Mai 2017 veröffentlichte die Zeitschrift „The Atlantic“ diesen Artikel, in der es um die Gründung der PYD geht. Was steht in diesem Artikel?

Onur Öymen: Der damalige US-Botschafter Robert Ford schildert am 11. Mai 2017, wie Osman Öcalan 2003 in einer Rede mitteilt, dass die PYD in den Kandil-Gebirge ausgerufen und in die „Koma Civakên Kurdistan“ oder KCK (dt. Union der Gemeinschaften Kurdistans) eingegliedert wird.

In der Zeitschrift wird erklärt, wie PKK-Terroristen innerhalb der PYD und der YPG als Kämpfer und Kommandeure eingegliedert, Aufgaben rotierend übergeben, werden. Die Aufgabenteilung wird rotierend zwischen der PKK und PYD gewechselt. Barzani teilt im März 2016 ebenfalls mit, dass die PKK nichts anderes als die PYD ist.

Die zuvor von Trump und Obama geteilte Auffassung, die PYD/YPG und PKK hätten keine organische Verbindung, deckt sich mit dem Artikel von Ford nicht, was auch später von Trump während der militärischen Intervention der Türkei eindrucksvoll bewiesen wird, als Trump die PYD fallen lässt und sie auf die Stufe der PKK stellt.

In der Zeitschrift wird ausdrücklich erwähnt, dass die Terroristen, die für die Anschläge in Istanbul, Ankara und Bursa verantwortlich gemacht werden, im YPG-kontrollierten syrischen Gebiet ausgebildet wurden.

Nurzen Amuran: Es gibt doch auch einen Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International aus dem Jahre 2016, aus der das hervorgeht?

Onur Öymen: 2016 erstellt Amnesty International einen Bericht, der sich auf die Aussagen von Beobachtern vor Ort in von PYD-kontrollierten Gebieten in Nordsyrien sowie auf Satellitenfotografie stützen. Die PYD habe demnach Dörfer niedergebrannt, Häuser abgerissen und damit die Rückkehr der Einheimischen verhindert. In diesem Bericht spricht man von Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung.

(Screenshot/The Telegraph)

Nurzen Amuran: Dieses Jahr hat das syrische Außenministerium an den Sekretär der Vereinten Nationen sowie an den UN-Sicherheitsrat einen Brief gerichtet. In diesem Brief verurteilt das syrische Regime die von den USA unterstützten „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF). Was geht noch aus dem Brief hervor?

Onur Öymen: Aus dem Brief der syrischen Regierung vom 16. September an die UN geht hervor, dass die PYD aus Sicht der syrischen Regierung eine Terrororganisation ist. In der regierungsnahen Presseagentur SANA wurde dieser Brief veröffentlicht, die SDF als Unterdrücker und kriminelle Strukturen bezeichnet. Insbesondere in al-Hasaka, Rakka und Aleppo sei die Unterdrückung kaum noch zu verheimlichen.

Die syrische Regierung erklärt darin weiter, dass man diese PYD-kontrollierten Gebiete von den Terroristen zurückerobern und die Sicherheit wieder gewährleisten werde. Die Weltgemeinschaft hat diese und weitere Berichte bislang völlig ausgeblendet, womit offenbar beabsichtigt wird, die Türkei in Bedrängnis zu bringen.

Nurzen Amuran: Die Rolle der USA sollten wir gesondert bewerten. Haben die USA je eine grundlegende Haltung gegenüber dem Terror eingenommen?

Onur Öymen: US-Präsident Bush hatte die Antiterror-Politik ausgerufen. Nach 9/11 erklärte Bush allen Ländern die mit Terroristen vermeintlich im Pakt sind den Krieg und rief andere Nationen dazu auf, sich dem Kampf gegen internationalen Terrorismus anzuschließen. Bush unterschied nicht mehr in Grautönen, es gab nur noch ein Schwarz und ein Weiß. Im Gegensatz dazu erklärte Trump vor kurzem wie Obama mit der PKK zusammengearbeitet habe. Außerdem erklärte Trump in Ankara, dass es zwei gefährliche Terrororganisationen gebe: die al-Qaida sowie die PKK. Trump sicherte zu die al-Qaida auszumerzen und zu besiegen, während er Ankara aufforderte die PKK mit Hilfe des Iraks zu bekämpfen.

Trump signalisierte damit, dass man sich mit Barzani zusammensetzen und das Problem angehen und entsprechende Gesetze und Vereinbarungen treffen müsse. Das zeigt, dass die USA bislang keine grundlegende Haltung vertreten haben. Der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert Gates erklärte im Jahr 2008 vor einer geplanten Reise nach Ankara, die Türkei müsse ihre Operationen im Nordirak beenden. Die türkischen Operationen wurden daraufhin eine Woche später beendet.

Nurzen Amuran: Was ist dann der Hintergrund dieser Politik, weshalb wird die Türkei trotz dieser Berichte und Artikel und trotz ihres Kampfes gegen die PYD/PKK und dem Islamischen Staat (IS) derart kritisiert?

Onur Öymen: Das Bild das von der PYD/PKK gezeichnet wird, die die IS bekämpfe, ist nur die eine Seite der Medaille. Der wahre Hintergrund ist, dass die USA im Nordirak der Kurdischen Autonomiebehörde Sicherheit und Stabilität gewährleisten wollen, im späteren Verlauf einen Staat anvisieren, die als Vasallenstaat die US-Interessen in der Region vertritt. Auf der anderen Seite sollen in Syrien die Ölfelder gesichert werden und dabei tritt die PYD auf den Plan, die hier als Werkzeug dient.

Nurzen Amuran: Wir werden hingestellt, als hätten wir eine grundlegende Abneigung gegen Kurden. Dabei haben wir doch stets unterstrichen, dass die Abneigung gegenüber einer Terrororganisation besteht. Was müsste in diesem Zusammenhang passieren, welche Rolle müsste die Diplomatie, die Lobbyarbeit einnehmen?

Onur Öymen: Die Terrororganisation in der nordsyrischen Region kann sich in Europa sehr erfolgreich in Medien und Politik behaupten und hat das Narrativ „Kurden“ etabliert, um so den Anspruch des Vertreters der Kurden gerecht zu werden. Es ist nicht die Schuld der Türkei, dass der Westen so reagiert. Es gibt auch genügend Informationen, die die Meinung und Haltung im Westen zum Wanken bringen könnte.

Aber, es ist die grundlegende Haltung des Westens, diese Berichte und Informationen geflissentlich zu übergehen. Man hat sich bereits entschieden, politisch, es ist eine politische Haltung. Wie die Franzosen sagen: „der taubste Mensch ist jemand, der nichts hören will.“

Nurzen Amuran: Auch wenn die USA erklärt, sich aus der Region zurückzuziehen, Trump scheint dies für die Innenpolitik auszuschlachten und bis zur Präsidentschaftswahl endlos fortsetzen zu wollen. War die USA in der Region ihrer Meinung nach erfolgreich?

Onur Öymen: Dass Trump den Syrien-Konflikt für seine innenpolitischen Interessen heranzieht, stimmt. Aber, ob er durch diese Taktik sein Ziel erreichen wird, während er genau deswegen kritisiert wird, steht indes nicht fest.

Nurzen Amuran: Wenn man zu Beginn des Konflikts mit Damaskus übereingekommen wäre, gebe es die USA und Russland als Vermittler so in dieser Form doch nicht? Man hätte doch das Abkommen von Adana heranziehen können, um das Problem anzugehen. War das nicht ausreichend?

Onur Öymen: Gerade weil Ankara und Damaskus ihre Kanäle gekappt hatten, konnte das Abkommen von Adana nicht mehr zum Zuge kommen, war die Vermittlerrolle der USA und Russland sozusagen unausweichlich.

Nurzen Amuran: Während dieser Zeit haben wir von der Europäische Union keine Solidarität erfahren. Sie werden sich noch daran erinnern, wie gleich am ersten Tag der Militäroperation der französische Premier Macron erklärte, die Türkei gehe völkerrechtswidrig vor, sie begünstige das Wiedererstarken des IS und aus diesem Grund werde man ein Waffenembargo gegen die Türkei verhängen. Was sagen Sie dazu?

Onur Öymen: Die politischen und strategischen Interessen der EU in Zusammenhang mit den „Kurden“ in der Region decken sich nicht mit den Interessen der Türkei. Ihre Interessen decken sich eher mit denen der USA. Es gibt aber nur diese eine Option, die das Problem lösen könnte: die PYD muss ihre Waffen niederlegen und sich auflösen.

Nurzen Amuran: Haben die Deals mit Washington und mit Putin in Sotschi uns unseren Zielen näher gebracht? Wie bewerten Sie die Treffen?

Onur Öymen: Man muss die Vereinbarungen mit Washington und Moskau zusammen bewerten. Die Vereinbarung mit Washington bergen noch immer Risiken, wenn auch in einem Maß, die entsprechende Nachregelungen mit sich bringen kann, um das zu unterbinden. Die Vereinbarung wird dann erfolgreich und bringt uns unseren Zielen näher, wenn die PYD entwaffnet und aufgelöst ist.

Nurzen Amuran: Unter diesen Gesichtspunkten, welche politische Linie sollte man nun verfolgen? Müsste das türkische Parlament nicht noch mehr in diese Politik miteinbezogen werden?

Onur Öymen: Die dynamischen Vorgänge in der nahen Region hat unsere Republiksgeschichte des Öfteren mitgemacht und stets die richtigen politischen Entscheidungen getroffen. Dabei hat sie sich stets damit hervorgehoben, dass sie stets Kanäle offengehalten, sich nicht in nachbarschaftliche und innerpolitische Konflikte eingemischt hat. Die Republik muss sich wieder auf ihre Gründungshaltung zurückbesinnen. Da kommt viel Arbeit auf das Parlament zu.

Nurzen Amuran: Sie als Diplomat mit langjähriger Erfahrung, haben ja den Terrorismus in der Türkei lange Zeit mitverfolgen können. Was legen Sie uns nahe, was sollte man beachten?

Onur Öymen: „Mit Terror verhandelt man nicht, man bekämpft es“, dieses treffende Zitat hat in diesen Zeit mehr denn je an Bedeutung gewonnen.

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