Tripolis – In Libyen werden immer mehr Migranten gefoltert und vergewaltigt – aus Geldgier, Sadismus und Machtstreben. Eine neue Studie belegt das Ausmaß.
Die Details der Foltermethoden sind kaum zu ertragen. Die Intensität und Kreativität der sexuellen Gewalt seien auffällig. „Männer und Frauen werden gezwungen, andere zu vergewaltigen, Penisse werden abgeschnitten, Frauen werden so lange misshandelt und vergewaltigt, bis sie verbluten und sterben. Jungen müssen ihre Schwestern vergewaltigen. Wenn mir das vorher jemand erzählt hätte, hätte ich das nie geglaubt. Das glaubt man erst, wen man es mit eigenen Augen gesehen hat“. so Studienautorin Sarah Chynoweth in einem Gespräch mit der Deutschen Welle. (DW)
„Männer in Uniformen waren gewalttätig und mit Pistolen, Eisenstangen und Stöcken bewaffnet. Sie wollten Erpressungsgeld. Sie verprügelten jeden Teil meines Körpers und zwangen mich dazu, an sexueller Gewalt gegen die anderen Frauen mitzuwirken. Ich habe Narben an meinem Kopf und an meinem rechten Arm. Wegen der Schläge, unter denen ich litt, verlor ich mein ungeborenes Kind. Meine Schwester starb aufgrund der Misshandlungen. Ich verlor eine Menge Blut, ohne jegliche Hilfe bekommen zu haben“, so eine 28-jährige Nigerianerin in einem Gespräch mit der Hilfsorganisation Oxfam.
Folter in „EU-finanzierten Lagern“
Der Befund der Studie sei zwar nicht neu, doch das Ausmaß und die Details seien es – und sie seien erschreckend, berichtet die Deutsche Welle unter Bezugnahme auf die Studie der internationalen Nichtregierungsorganisation Women’s Refugee Commission für Flüchtlinge in Libyen.
„Diese schwersten Menschenrechtsverletzungen finden durch Partner der Europäischen Union statt. Das ist das, was jetzt noch einmal verschärft formuliert wird“, so Karl Kopp von der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl gegenüber DW.
Die libysche Küstenwache fange die Flüchtlinge ab und bringt sie in die Folterlager zurück. Da der Gewinn der Schlepper gesunken ist, setzen sie Folter ein, um neue Gewinne zu generieren, berichtet DW weiter.
„Wir haben Ähnliches auf dem Sinai erlebt, wo Familien von Frauen aus Eritrea erpresst wurden.“
In Libyen seien es aber „unsere Lager, europäisch finanzierte Lager der anerkannten Regierungen, wo schlimmste Menschenrechtsverletzungen geschehen“, so Kopp. Dies sei Teil der Abmachungen mit dem Bürgerkriegsstaat Libyen und geschehe im Namen Europa.
250 Hilfsorganisationen schreiben offenen Brief an Merkel
Aufgrund der katastrophalen Lage in Libyen und unzähliger im Mittelmeer ertrunkener Flüchtlinge, haben in der vergangenen Woche über 250 Organisationen mit einem offenen Brief Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Handeln aufgefordert.
PRO ASYL, Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International, Sea-Watch, SOS Mediterranee, Seebrücke, Diakonie, Caritas, der Paritätische, Brot für die Welt, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die vielen weiteren unterzeichnenden Organisationen kritisieren: „Wir sind erschüttert angesichts der gegenwärtigen europäischen Politik, die immer stärker auf Abschottung und Abschreckung setzt – und dabei tausendfaches Sterben billigend in Kauf nimmt. Die Pflicht zur Seenotrettung ist Völkerrecht und das Recht auf Leben nicht verhandelbar.“
Offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel
https://youtu.be/7_u5ZJD-Oxk