Istanbul (nex) – Die türkische Wirtschaft überrascht Beobachter erneut mit einem kräftigen Wachstum. Trotz Währungskrise legte das Bruttoinlandsprodukt auch 2018 um fast drei Prozent zu.
Wie das Statistikamt TurkStat am Montag bekannt gab, wuchs die türkische Wirtschaft im Jahr 2018 um 2,6 Prozent. Laut TurkStat betrug das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr 3,7 Billionen türkische Lira (rund 784 Milliarden Dollar).
Politische Spannungen zwischen den USA und der Türkei lösten im vergangenen Jahr an den Finanzmärkten Sorgen aus, nachdem US-Präsident Donald Trump damit drohte, den wirtschaftlichen Druck zu nutzen, um dem in der Türkei inhaftierten Pastor Charles Brunsons Freilassung zu sichern.
Trump genehmigte im August infolge der Inhaftierung eine Verdoppelung der Zölle auf türkischen Stahl und Aluminium. Die Türkei reagierte darauf mit einer Erhöhung der Zölle auf US-Autos, Alkohol und Tabakimporte. Die türkische Währung Lira fiel daraufhin im August auf ein Rekord-Tief. Nach der Freilassung Brunsons erholte sich die Währung wieder.
Wie die türkische Zentralbank am heutigen Montag mitteilte, sank zudem das Leistungsbilanzdefizit des Landes im ersten Monat dieses Jahres um bemerkenswerte 88,4 Prozent. Im Januar verzeichnete die Leistungsbilanz ein Defizit von 813 Millionen Dollar und verbesserte sich damit um 7 Milliarden Dollar im Vergleich zum Januar des Vorjahres.
Hierzu Finanzanalyst Clemens Schmale im Dezember vergangenen Jahres:
Die schwache Währung hat vor allem dazu geführt, dass weniger importiert wurde. Importe brachen um ein Drittel ein. Im Gegenzug konnten die Exporte ansteigen. Zum ersten Mal seit 30 Jahren überstiegen die Exporte die Importe. Gleichzeitig konnte der Tourismus von der schwachen Lira profitieren.
Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle. Er litt 2016 unter dem Putschversuch. 2017 kam es zu einer Erholung. Trotzdem blieben die Einnahmen unter den Werten von 2015 zurück. 2018 konnte dieser Wert wieder erreicht werden. Das brachte dringend benötigte Devisen ins Land. Tourismus ist ein Dienstleistungsexport. Betrachtet man sämtliche Importe und Exporte (Waren, Dienstleistungen), so ist die Handelsbilanz erstmals seit 2008 wieder positiv. Betrachtet man nur die Waren, muss man in die 80er Jahre zurückblicken.
Zusammen mit Transferleistungen und der Kapitalbilanz ergibt sich die Leistungsbilanz, die nun bereits drei Monate in Folge stark positiv ist. Es fließt effektiv wieder Geld ins Land. Das hat in den vergangenen Wochen zu einer deutlichen Aufwertung der Währung geführt. Die Inflation ist mit über 20 % immer noch hoch. Es wird noch Monate dauern bis sie sich wieder normalisiert hat. Die Wirtschaft ist im dritten Quartal geschrumpft. Es ist also noch nicht alles wieder rosig. Das wird noch Zeit in Anspruch nehmen.
Das Hauptproblem, das Leistungsbilanzdefizit, ist behoben. Das geschah in absoluter Rekordzeit. Es brauchte keine Hilfskredite vom Internationalen Währungsfonds oder aus Europa. Die Regierung wollte keine Kredite, um weiterhin frei agieren zu können. Das hat zu einer Schockanpassung geführt. Das Ziel wurde erreicht, wenn auch ziemlich brutal.
Der Theorie nach sollte genau das geschehen. Die Geschwindigkeit ist allerdings bemerkenswert. Es gleicht schon fast einem Wunder, was die freien Marktkräfte so anstellen können.