Wien (nex) – Einst ermordeten die Nazis sechs Millionen Juden. Nun singen Mitglieder der österreichischen Bruderschaft „Pennale Burschenschaft Germania Wiener Neustadt“ ein Lied mit der Textstelle „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“.
Inzwischen ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft weil die Burschenschaften auch ein Buch mit dem Liedtext veröffentlichte. Doch der Fall hat auch politische Aspekte und bringt auch Regierungschef Sebastian Kurz (ÖVP) in die Bredouille.
Schließlich war der FPÖ-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niederösterreich, Udo Landbauer (31), Vize-Chef der Burschenschaft Germania und soll dieser noch immer verbunden oder gar deren Mitglied sein. Und Österreichs Bundeskanzler Kurz leitet eine Koalitionsregierung seiner ÖVP mit der rechtspopulistischen FPÖ.
„Das ist ein Aufruf zum Massenmord, der als solcher behandelt werden muss.“ In einem offenen Brief an Kurz schrieben am Donnerstag mehrere Universitätsrektoren und -professoren. Und sie fordern: „Beenden Sie die Zusammenarbeit mit allen, die Mitglieder rechtsextremer Burschenschaften in ihren Büros beschäftigen.“
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte im TV, er sei fassungslos gewesen, als er von dem Text erfahren habe. Der Vorfall müsse nun mit aller Entschiedenheit verfolgt werden.
Auch wenn Landbauer bekräftigt, die Texte weder gekannt noch gesungen zu haben: Opposition und Teile der Öffentlichkeit fühlen sich in ihrem Grundverdacht bestätigt, dass das antisemitische Gedankengut in den Reihen der FPÖ nur oberflächlich ausgelöscht sei. Ein Problem auch für die konservative ÖVP, die seit wenigen Wochen gemeinsam mit der FPÖ regiert.
Van der Bellen schaltete sich am Donnerstag mehrfach in die Debatte ein und unterstellte Landbauer indirekt eine Lüge. Dessen Erklärungen seien fadenscheinig. „Das müssen ja alle Mitglieder dieser Burschenschaft gewusst haben, was in diesem Liederbuch gestanden ist, auch der Vize-Obmann muss das gewusst haben“
„Der Skandal um Udo Landbauer hat einen unglaublichen braunen Sumpf zutage gefördert. Sebastian Kurz und die ÖVP haben dieser Freiheitlichen Partei den Weg in höchste Regierungsämter geebnet“, schrieb SPÖ-Chef und Ex-Kanzler Christian Kern auf Facebook.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Liederbuches nun gegen vier Verdächtige, allerdings nicht gegen Landbauer. Inzwischen wurde bekannt, dass einer der vier ein Mitglied der Sozialdemokraten war. Die SPÖ schloss den Mann, der das 1997 neu aufgelegte Liederbuch illustriert haben soll, sofort aus der Partei aus.
Österreichs Bundesregierung will die Burschenschaft Germania auflösen, Regierungschef Sebastian Kurz (ÖVP) teilte mit, er habe sich mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) auf ein Auflösungsverfahren verständigt.
(Thomas Bernhard)