Ankara (tp/nex) – Der Sprecher und Oberst der „Demokratische Kräfte Syriens“ (SDF), Oberst Talal Silo, war Mitte November in Dscharābulus zu den oppositionellen Kräften der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) übergelaufen. Jetzt erhebt Silo gegenüber den USA schwere Vorwürfe. Demnach soll die USA die SDF als Tarnung geschaffen haben, um nicht als Unterstützer einer Fraktion des syrischen Ablegers der Terrororganisation PKK, der YPG/YPJ ins Blickpunkt der Öffentlichkeit zu geraten.
In der SDF stelle die YPG/YPJ aber die überwältigende Mehrheit der Milizkräfte – die anderen milizionären syrischen Kräfte innerhalb der SDF würden dabei eine verschwindend geringe Rolle spielen. Hauptaugenmerk der Tarnung sei es, die SDF als syrische Opposition zu verklären. Dabei gebe es innerhalb dieser Tarnorganisation keine arabischen, turkmenischen oder anderen syrischen Minderheiten oder Mehrheiten, lediglich eine kurdische unter der Führung der YPG und ihrem politischen Ableger, der PYD, so Silo.
Laut Silo stelle die YPG zusammen mit den Frauenverbänden der YPJ rund 50.000 Männer und Frauen, die unter Waffen stehen. Nur 65 turkmenische Milizionäre und 50 weitere assyrische Milizionäre würde unter der SDF insgesamt mi leichten Waffen kämpfen. Die YPG reglementiere auch die Kräfte ausserhalb ihres Einflussbereichs, verteile an sie nur leichte Waffen. Schwere Waffen würde die YPG selbst einsetzen. So habe er selbst zwar als Gründer der syrisch-turkmenischen Seldschuken-Brigade rund 150 Mann unter Waffen gehabt, davon hätte die YPG aber nur 50 angefordert. Dies sei eine Politik, um den Einfluss der nichtkurdischen Brigaden und Milizen niedrig zu halten, so Silo.
Im Interview gab Silo des Weiteren an, dass die US-Koalitionskräfte die SDF selbst als Tarnung gegründet hätten. Die SDF stehe dabei nur als Fassade, um die Waffenlieferungen zu legitimieren. Im Grunde fordere die YPG die Waffen über einen arabischen Mittelsmann an, den die USA eingesetzt hätten, um eine direkte Verbindung zu der YPG zu verschleiern. Dieser Mann diene nur als Alibi und als Zeichner der Liste, um zu verschleiern, dass die YPG die Waffen ordere, die zuerst in den Kandil-Gebirge – Hauptstützpunkt der Terrororganisation PKK – aufgestellt wird.
Ferner spiele dabei Ferhat Abdi Şahin eine zentrale Rolle bei der Beschaffung der Waffen. Er selbst stelle die Anforderungsliste an Waffen zusammen, koordiniere das mit der PKK und leite sie dann direkt an das US-Oberkommando in Syrien weiter. Ferhat Abdi Şahin trat 1990 der Terrororganisation PKK in der Türkei bei und ist seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs die Zentrale Figur innerhalb der YPG.
Silo zufolge würden die US-Waffenlieferungen unkontrolliert stattfinden. Die US-Koalition habe bislang kein einziges Mal ihre Waffenlieferungen verfolgt oder nachgefragt, wo die Waffen verblieben oder eingesetzt werden. Im Grunde würden die USA sogar jede weitere Waffenorder der YPG nicht weiter hinterfragen und auf Abruf der YPG liefern, erklärte Silo weiter und begründete dies mit dem US-amerikanischen Sonderbeauftragten für die Internationale Allianz gegen den IS, Brett H. McGurk. Dieser leite die Operationen in Syrien, habe die Pläne für den Einsatz der YPG entworfen und auch die Tarnorganisation SDF gründen lassen.
Die türkische Regierung wirft der US-Koaltion seit langem vor, dem syrischen Ableger der Terrororganisation PKK, der YPG, direkt Waffen zu liefern.
“Talal Silos Bruch mit den sogenannten Syrischen Demokratischen Einheiten, welche vom syrischen Ableger der PKK angeführt werden, könnte der Beginn einer neuen Welle sein. Die SDF-Allianz basierte auf der gemeinsamen Feindschaft gegen den IS. Die Araber in der Allianz sahen keine Alternative zur YPG und akzeptierten ihre Vorherrschaft in allen politischen und militärischen Strukturen, um ihre Heimat vom IS zu befreien”, so der politische Analyst Ömer Özkizilcik aus Ankara gegenüber NEX24.
Mit dem Zurückdrängen des IS in der Region gehe auch die Grundlage für die Allianz verloren, und die Alleinherrschaft der YPG werde zunehmend infrage gestellt, betonte Özkizilcik und fügte hinzu:
“Außerdem gibt es in der lokalen Bevölkerung aufseiten der Araber und Kurden Widerstand gegen die Zwangsrekrutierung der YPG. Die Desertation von Talal Silo basiert auf internen Ungereimtheiten innerhalb der SDF-Allianz. Als einer der seltenen Turkmenen in der Allianz spielte er eine wichtige symbolische Rolle für die Propaganda der YPG.”