Ankara (nex) – Der Sprecher des Staatspräsidenten, Ibrahim Kalın hat in seiner Kolumne in dem englischsprachigen Nachrichtenportal „Daily Sabah“ unter der Überschrift „Neuer politischer Konsens nach dem Putsch in der Türkei“ gesagt, dass der Putschversuch der gülenistischen Terror-Organisation (FETO) am 15. Juli eine dunkle Nacht in der Geschichte der Türkei sei.
Doch der tapfere Widerstand und die Aufopferung des türkischen Volkes habe diese Nacht in einen hellen Tag umgewandelt. In der Zeit nach dem gescheiterten Coup sei ein neuer gesellschaftlicher und politischer Konsens entstanden – ein Konsens, der für die strukturelle Stärke der türkischen Demokratie entscheidend sei.
Es wäre ein großer Fehler für die USA und Europa, diesen Konsens außer Acht zu lassen. Die meisten Menschen in der Türkei hätten den Eindruck, dass die USA Gülen beschützten, indem sie ihm freie Hand ließen, damit er das amerikanische Rechtssystem zu seinem Vorteil missbrauche. Kalın sei zuversichtlich, dass die US-Regierung für die Auslieferung Gülens mit Ankara zusammenarbeiten werde. Gülen sei eine Bedrohung für die nationale Sicherheit in der Türkei und ein gefährlicher Verbrecher auch für die USA.
Wenn man Gülen weiterhin erlaube, das amerikanische System auf diese oder andere Art und Weise zu missbrauchen, würden viele das als eine Unterstützung Gülens betrachten – was eine Vorgehensweise sei, die in der Türkei ausschließlich der Anheizung der anti-amerikanischen Stimmung dienen würde. Die meisten Europäer und Amerikaner scheinen den Ernst und die Schwere der Ereignisse vom 15. Juli nicht zu begreifen.
Statt die Türkei im Kampf gegen die Gülenisten zu unterstützen, seien EU-Beamte damit beschäftigt, die Türkei in Sachen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu belehren. Einige gingen so weit, dass sie der Türkei vorwarfen, den Coup selbst inszeniert zu haben. Was die Entlassungen der Gülenisten aus dem öffentlichen Dienst angeht, schreibt Kalın:
„Die Entlassung der Gülenisten von staatlichen Institutionen unterscheidet sich nicht wesentlich von dem berühmten Prozess des ‚Einigungsvertrags‘ aus dem Jahre 1990 während der Vereinigung von Ost- und West-Deutschland. Im Rahmen dieser Vereinbarung wurden rund 500.000 Beamte aus Ost-Deutschland entlassen oder suspendiert. Nach sechs Monaten wurde den meisten von ihnen endgültig gekündigt. Kurz nach der Vereinigung wurden alle Generäle und Admiräle aus dem 88.000-Mann starken ostdeutschen Militär entlassen. Nur eine geringe Anzahl von Soldaten niedrigen Ranges wurde in das neue deutsche Militär erlaubt. Neben Beamten und Soldaten entließ der deutsche Staat zudem zahlreiche Akademiker, Lehrer, Diplomaten und Journalisten aufgrund ihrer Verbindungen zum alten Regime in Ost-Deutschland. Die deutschen Behörden trafen diese außerordentlichen Maßnahmen, um einen reibungslosen Übergang zu einem vereinten Deutschland zu gewährleisten. Die Türkei hat erst neulich einen blutigen Putschversuch vereitelt und versucht jetzt, sich von dessen tödlichen Folgen zu erholen.“
Auch interessant
Türkei: Wie Frauen den Putschversuch gegen Erdogan vereitelten
Erschienen bei TRT Deutsch