Dresden – Vor vierzehn Jahren wurde die muslimische Apothekerin und Sportlerin Marwa El-Sherbini von einem Neonazi und NPD-Anhänger im Dresdner Landgericht erstochen.
Tag gegen antimuslimischen Rassismus
Dem rassistisch motivierten Mord an Marwa El-Sherbini wird am 1. Juli eines jeden Jahres mit dem Ziel gedacht, ein Zeichen für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft zu setzen, in der niemand aufgrund von Herkunft, Religion und Aussehen diskriminiert oder angegriffen wird.
Am 1. Juli 2009 tötete der in Russland als Alexander Igorewitsch Nelsin geborene Russlanddeutsche Alex Wiens die ägyptische Apothekerin El-Sherbini in einem Dresdner Gerichtssaal. Wiens stach 18 Mal auf Sherbini ein, als beide zu einer Berufungsverhandlung wegen eines Streits erschienen, den sie ein Jahr zuvor auf einem Dresdner Spielplatz hatten.
Die beiden hatten sich zufällig auf dem Spielplatz getroffen, als Sherbini Wiens bat, eine Schaukel zu räumen, damit ihr Kleinkind sie benutzen konnte. Wiens reagierte mit einer Flut von Beschimpfungen und nannte Sherbini, die zu diesem Zeitpunkt ein Kopftuch trug, eine Islamistin, eine Terroristin und eine Hure.
Daraufhin informierte eine dritte anwesende Person die Polizei. Die herbeigerufenen Polizeibeamten nahmen den Vorgang vor Ort auf und bearbeiteten die Anzeige. Das Amtsgericht Dresden erließ gegen Wiens einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe. Nachdem Wiens gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, kam es zu einer Hauptverhandlung, in der El-Sherbini als Zeugin vernommen wurde.
Wiens wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 13 Euro verurteilt. Noch im Prozess äußerte er, dass man „solche Leute“ nicht beleidigen könnte, da sie keine „richtigen Menschen“ wären. Die Staatsanwaltschaft nahm das zum Anlass, Berufung einzulegen, um ein höheres Strafmaß wegen eines ausländerfeindlichen Hintergrunds zu erwirken. Auch Alex Wiens legte gegen das Urteil Berufung ein.
In der Berufungsverhandlung am 1. Juli 2009 schmuggelte Wiens ein 18 Zentimeter langes Küchenmesser in seinem Rucksack in den Gerichtssaal und griff die im dritten Monat schwangere El-Sherbini an, als sie nach ihrer Zeugenaussage den Gerichtssaal verlassen wollte. Er tötete sie mit 18 Messerstichen. Ihren Ehemann, Elwy Okaz, der ihr zu Hilfe eilen wollte, verletzte er mit drei Messerstichen lebensgefährlich. Okaz war Genetiker und stand kurz vor der Abgabe seiner Doktorarbeit.
Außerdem gab ein hinzukommender Polizist gezielt einen Schuss auf Okaz ab, den er für den Angreifer hielt, und traf ihn am Bein. Es hatte vorher keine Waffenkontrollen am Gebäudeeingang oder im Gerichtssaal gegeben. Der dreijährige Sohn wurde Zeuge, wie seine Mutter verblutete. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem Einzeltäter, der aus einer „extrem ausländerfeindlichen Motivation“ handelte.
Sherbini und ihr Ehemann lebten seit 2003 in Deutschland und planten Ende des Jahres 2009 nach Ägypten zurückzukehren. Sie erwarteten ein zweites Kind.
El-Sherbini war die Tochter des Chemiker-Ehepaares Ali El-Sherbini und Laila Shams.. Sie wurde 1977 in der ägyptischen Stadt Alexandria geboren und war Schulsprecherin am English Girls College. Von 1992 bis 1999 gehörte sie der ägyptischen Handballnationalmannschaft an. El-Sherbini studierte in ihrem Heimatland Pharmazie und arbeitete in Dresden in einer Apotheke.
Im März 2022 wurde zudem der Park vor dem Landgericht Dresden in „Marwa-El-Sherbini-Park“ umbenannt. Weitere Informationen über die Tat finden sich in der Onlinedokumentation „Gegen uns“ unter: https://t.co/x38c5D1Z35#gegenuns #gegenrechtegewalt #rassismus [8/8]
— RAA Sachsen e.V. (@RAASachsen) July 1, 2023