Kiew – Während Wladimir Putin aus dem sicheren Kreml sibirische Männer für seinen Krieg gegen die Ukraine zwangsrekrutiert, hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag erneut die Streitkräfte seines Landes inmitten der heiß umkämpften Stadt Bakhmut besucht und wird dafür von der ukrainischen Bevölkerung gefeiert.
„Haben Sie schon einmal gesehen, dass ein Staatsoberhaupt seine Streitkräfte in einer heißumkämpften Zone inmitten der Kampfhandlungen besucht? Ich nicht. Selenskyj hat dicke Eier, das muss man sagen. Wir lieben unseren Präsidenten und sind stolz auf ihn“, so der ukrainische Journalist Artem Boiko aus Odessa gegenüber NEX24 in einem Videointerview.
„In Bakhmut sind bestimmt zehnmal mehr russische Soldaten als ukrainische und trotzdem ist er dorthin gereist, um unsere Soldaten zu unterstützen. Das ist Mut, er ist ein wahres Staatsoberhaupt. Erst vor einigen Tagen habe ich einen Freund, der in der ukrainischen Armee diente und in Bakhtum im Einsatz war, verloren“, sagte Boiko weiter. Putin verstehe nicht, dass die Ukrainer ihr Land niemals aufgeben werden.
Auch die 23-jährige Anhelina Voloshyna aus dem seit 2014 besetzten Donezk ist von ihrem Präsidenten begeistert:
„Unsere bisherigen Staatschefs wären schon in den ersten Wochen ins Ausland geflohen, entweder nach Moskau oder nach London. Aber Selenskyj ist bei seinem Volk geblieben. Das werden wir niemals vergessen. Wir sind stolz auf ihn“, sagte die Studentin, die seit dem Einmarsch Russlands im Donetzk in Odessa lebt.
„Viele von uns, ehemalige koloniale Untertanen des russischen Reiches, hatten vor dem Völkermord russische Freunde. Wir hegten keinen Groll wegen der Vergangenheit. Wir sprachen Russisch und dachten, wir hätten eine gemeinsame Kultur, auch wenn sie uns gewaltsam aufgezwungen wurde.“
Selenskyj stattete der Frontstadt Bakhmut, in der ukrainische und russische Truppen seit Monaten einen erbitterten Kampf führen, einen unangekündigten Besuch ab. Er traf mit Truppen zusammen und überreichte Soldaten Auszeichnungen. Bakhmut ist seit Monaten ein Hauptziel der russischen Streitkräfte in der östlichen Region Donezk und wurde schwer beschädigt. Den ukrainischen Streitkräften ist es jedoch gelungen, den Vormarsch aufzuhalten.
Der Besuch ist ein bedeutendes Zeichen des Widerstands – und eine Demonstration der Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte, die in den letzten Wochen in einige der härtesten Kämpfe verwickelt waren.
„Seit Mai versuchen die Besatzer, unser Bakhmut zu brechen, aber die Zeit vergeht, und Bakhmut bricht nicht nur die russische Armee, sondern auch die russischen Söldner, die kommen, um die verschwundene Armee der Besatzer zu ersetzen.“
Er bezog sich dabei offenbar auf die russische Wagner-Söldnergruppe, die bei den Kämpfen in der Nähe von Bakhmut aktiv gewesen sein soll.
„Russland hat bereits fast 99.000 seiner Soldaten in der Ukraine verloren. Bald werden es 100.000 Opfer unter den Besatzern sein. Doch wofür? Keiner in Moskau kann diese Frage beantworten. Und das werden sie auch nicht. Sie führen Krieg und vergeuden Menschenleben, das Leben anderer Menschen, nicht das ihrer Angehörigen, nicht ihr eigenes Leben, sondern das Leben anderer, nur weil eine Gruppe im Kreml keine Fehler zugeben kann und schreckliche Angst vor der Realität hat. Aber die Realität spricht für sich selbst“, schrieb der ukrainische Staatschef auf Telegram.
Bakhmut ist während der 300 Tage andauernden russischen Offensive in ukrainischer Hand geblieben und hat damit Moskaus Ziel vereitelt, die gesamte Region Donezk und den gesamten Donbass zu erobern, von dem Teile seit 2014 von russischen Stellvertretern kontrolliert werden.
Doch Zelenskyy sagte Anfang des Monats, dass Russlands Bemühungen um die Eroberung der Stadt – deren Vorkriegsbevölkerung von 70.000-80.000 Menschen inzwischen auf knapp 10.000 geschrumpft ist – sie in Ruinen verwandelt haben.
„Die Besatzer haben Bakhmut zerstört, eine weitere Stadt im Donbass, die die russische Armee in verbrannte Ruinen verwandelt hat“, sagte er letzte Woche.