Türkische Technologie für Bayraktar TB2-Drohne
Von Kemal Bölge
Während des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan kamen auch Kampf- und Aufklärungsdrohnen des Typs Bayraktar TB2 des türkischen Unternehmens Baykar Technologies zum Einsatz. Die TB2 ist seit einigen Jahren unter anderem gegen die Terrororganisationen PKK und Daesh/IS sowie in Syrien und in Libyen eingesetzt worden. Die Ukraine hatte 2019 sechs Bayraktar TB2 für die eigene Armee gekauft und Fotos von diesen veröffentlicht. Darüber hinaus hat die ukrainische Regierung nach Medienangaben 48 weitere TB2 Drohnen bestellt.
Diese sollen in einem Joint Venture Unternehmen in der Ukraine hergestellt werden. Im Krieg um Berg-Karabach hat nach Ansicht von Militärexperten der Einsatz von Kampf- und Aufklärungsdrohnen der aserbaidschanischen Armee entscheidende Vorteile verschafft, weil im gebirgigen Terrain Berg-Karabachs die Manövrierfähigkeit von Kampfflugzeugen eingeschränkt gewesen sei und Drohnen diesen Nachteil ausgeglichen hätten.
Einheimisches Produkt ersetzt kanadische Kamera
Im Zuge der militärischen Erfolge der aserbaidschanischen Armee gegen Armenien verlangten armenische Lobbyorganisationen in den USA und in Kanada von den Regierungen in beiden Ländern Konsequenzen. Die kanadische Firma Westcam Inc., die die Kamera LX15 produziert, reagierte auf den politischen Druck der kanadischen Regierung mit einem Lieferstopp für die TB2. Kurz nach dieser Mitteilung hatte Baykar Technologies erklärt, dass man ab sofort auf die von der türkischen Firma Aselsan produzierte Kamera Cats (Optisch-elektronisches System) zurückgreifen werde.
Test mit Aselsan Cats-Kamera war erfolgreich
Das Unternehmen veröffentlichte dazu auch ein Video, bei dem die TB2 mit der Aselsan Cats Kamera ausgestattet einen Probeangriff auf ein Ziel an der Bucht von Saros flog. Bei diesem Test wurde die TB2 mit MAM-L (Mini Akıllı Mühimmat) mit präzisionsgelenkten Fliegerbomben mit Laserleitsystem von Roketsan ausgerüstet. Zum ersten Mal wurde dabei die Drohne mit vier MAM-L Fliegerbomben ausgerüstet statt wie bisher zwei MAM-L und zwei MAM-C, die für unterschiedliche Aufgaben eingesetzt wurden.
Die MAM-L Fliegerbombe soll eine effektivere Splitterwirkung haben als die MAM-C. Bei dem Probeangriff hat die von Aselsan entwickelte Kamera Cats das Ziel mit einem Laserstrahl markiert, die Fliegerbomben mit Laserleitsystem abgefeuert und das Ziel erfolgreich getroffen.
Die kanadische Kamera hat mit den dazugehörigen Kabeln in etwa 55 kg Gewicht, während die türkische Kamera von Aselsan cirka 65 kg wiegt. Die Kameraauflösung in beiden Geräten beträgt 1920 x 1080 Pixel, bei der Thermal-Kamera in beiden Fällen 640 x 512 Pixel. Die Laserwellenlänge bei Westcam 860 nm und bei Aselsan Cats 1064 nm. Das türkische Cats-System ist in der Lage, aus 30 km Entfernung per Laserstrahl ein Ziel zu markieren.
Türkischer Motor für TB2
Ferner gab Baykar bekannt, dass statt des vom österreichischen Unternehmen Rotax hergestellten Motors Rotax 912 auf die vom türkischen Luft- und Raumfahrtkonzern TUSAŞ Engine Industries entwickelten PD 170 Motor in die TB2 integrieren werde. Der Motor von Rotax hat eine Stärke von 100 PS, während der TUSAŞ Motor PD 170 cirka 172 PS vorzuweisen hat.
Grundsteinlegung der heutigen Verteidigungsindustrie wurde 1974 gelegt
Nach dem Waffenembargo der USA von 1974, hat die Türkei mit der Gründung von Stiftungen für das Heer, die Marine und die Luftwaffe den Grundstein für Rüstungsunternehmen wie Aselsan, Havelsan, Roketsan, TUSAŞ usw. gelegt. Wenn die türkische Armee heute wie in der Vergangenheit in der Lage ist, Operationen im Inland oder grenzüberschreitenden Einsätze durchzuführen, ist dabei ihr größter Unterstützer die türkische Verteidigungsindustrie.
Die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich wird koordiniert von der Präsidentschaft der Verteidigungsindustrie (SSB) mit den Unternehmen der Stiftung zur Stärkung der türkischen Streitkräfte, Forschungsinstituten wie TÜBITAK, privaten Rüstungskonzernen, kleinen- und mittelständischen Unternehmen sowie den Universitäten des Landes.
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