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Bahn-Mitarbeiter: Massive Probleme im Schienennetz

Extreme Personalnot, hohe Arbeitsbelastung, veraltete Technik: Bahn-Mitarbeitende haben die Zustände bei der Bahn-Tochter DB Netz AG in einem internen Bericht massiv kritisiert.

(Symbolfoto: pixa)
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Extreme Personalnot, hohe Arbeitsbelastung, veraltete Technik: Bahn-Mitarbeitende haben die Zustände bei der Bahn-Tochter DB Netz AG in einem internen Bericht massiv kritisiert.

Für den Bericht hat ein Qualitäts- und Sicherheitsprüfer für Leit- und Sicherheitstechnik in der DB Netz AG rund 70 Mitarbeitende anonym aus verschiedenen Regionen und Arbeitsgebieten befragt, die für die Instandhaltung der Infrastruktur bei der Bahn zuständig sind. Gegenüber dem ARD-Politikmagazin „“ haben mehrere Bahn-Mitarbeiter bundesweit die im Bericht genannten Probleme bestätigt. Als Folge dieser Probleme sei die Inspektion von Bahnanlagen laut dem Bericht teilweise nicht einmal mehr „im absolut notwendigen Minimalumfang“ erfüllbar, die Folge sei eine Erhöhung des Unfallrisikos.

Experte: Schilderungen sind authentisch

Der Bahnexperte Professor Markus Hecht von der Technischen Universität Berlin hält die Schilderung in dem Bericht für glaubwürdig. „Die heutigen Probleme der Leit- und Sicherungstechnik in Deutschland sind wirklich gravierend und vielfältig“, sagte Hecht im Interview mit „Report Mainz“. Die Gründe sieht er vor allem in der Personalnot und bei der teilweise veralteten Technik, zum Beispiel in Stellwerken.

Verkehrspolitiker fordern Fokus auf Sicherheit und mehr Investitionen „Dieser Bericht ist auf jeden Fall ein sehr lauter Warnruf, wieder deutlich mehr in die Infrastruktur zu investieren und wieder mehr Bahnpersonal an der Basis einzusetzen“, sagte Bundestagsabgeordneter Matthias Gastel (Bündnis 90/Die Grünen) im Interview mit „Report Mainz“. Bundestagsabgeordneter Christian Jung (FDP) äußerte: „Ich rechne durchaus damit, dass es wegen der Technik verstärkt zu Unfällen kommen könnte. Ich will da keine Panik schüren, aber man sollte dieses Thema sehr, sehr ernst nehmen. Ich möchte nicht, dass man bei der Deutschen Bahn erst reagiert, wenn es irgendwann mal ein schlimmes Unglück gibt.“

Bahn streitet Auftrag für den Bericht ab – reagiert aber dennoch Auf Nachfrage von „Report Mainz“ lässt die Bahn verlauten, dass es sich bei den Schilderungen um „eine Zusammenstellung von Aussagen aus rein subjektiver Sicht des Autors“ handele. Einen Auftrag für den Bericht habe es nicht gegeben. Laut Bahn habe der überwiegende Anteil der Aussagen einer internen Überprüfung durch die Konzernrevision nicht standgehalten. Gleichzeitig hat die Bahn allerdings nach Bekanntwerden des Berichts reagiert, und sei nun laut eigener Darstellung unter anderem in der Lage, deutlich schneller zu erkennen, wenn Instandhaltungsfristen eventuell überschritten werden. Das Unternehmen betont: „Die Sicherheit unseres Systems war und ist zu jeder Zeit gewährleistet.“

„Report Mainz“ deckt auf

Ein Mitarbeiter, der bis heute bei der DB Netz AG beschäftigt ist und für den Bericht befragt wurde, äußert allerdings gegenüber „Report Mainz“, dass Inspektionen im Schienennetz immer wieder regelwidrig verlängert worden seien, weil es dafür nicht genügend Personal gebe. Zudem würden nicht eingehaltene Inspektionsfristen durch das Erstellen von Folgeaufträgen verschleiert – als Folge sieht der Mitarbeiter ein latentes Sicherheitsproblem im Schienennetz. Die Bahn äußerte dazu gegenüber „Report Mainz“, dass in Einzelfällen Fristen verlängert worden seien. Dass Vorgesetzte Druck ausübten, entspräche nicht dem Führungsstil der Bahn.

Zudem hat der Verfasser des Berichts sein Vorgehen mit seiner direkten Vorgesetzten von Anfang an abgestimmt und sie über die Ergebnisse der Befragung auf dem Laufenden gehalten. Das belegen E-Mails, die innerhalb der DB Netz AG zirkulieren und die „Report Mainz“ exklusiv vorliegen.