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Kommentar: CDU-Politiker droht türkischem Journalisten

Eine Software treibt seit einigen Jahren Politikern die Schweißperlen auf die Stirn, weil es zuverlässig Fälschungen in akademischen Arbeiten entdeckt. Die Liste deutscher Dissertationen mit Plagiaten wird seither immer länger. Die Aberkennung des Doktorgrades oder eine Rüge der Universität droht, manche verloren dadurch ihr Amt und Würden.

(Foto: nex24/pka)
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Ein Gastkommentar von Nabi Yücel

Das mit dem gefälschten Universitätsabschluss kommt in höchsten deutschen Staatsämtern vor. Offenbar sind Doktortitel begehrt und ein Statussymbol in der Politik. Ehrlichkeit und Authentizität kommen dabei zu kurz, wie man es am Beispiel des deutschen Politikers kurdischer Abstammung, Ali Ertan Toprak (CDU), feststellen kann.

Eine Software treibt seit einigen Jahren Politikern die Schweißperlen auf die Stirn, weil es zuverlässig Fälschungen in akademischen Arbeiten entdeckt. Die Liste deutscher Dissertationen mit Plagiaten wird seither immer länger. Die Aberkennung des Doktorgrades oder eine Rüge der Universität droht, manche verloren dadurch ihr Amt und Würden.

Während Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) vor kurzem damit konfrontiert wurde, in mehr als jeder dritten Seite abgeschrieben zu haben, wird dem CDU-Politiker und Kandidat der Bürgerschaftswahl 2020 in Hamburg, Ali Ertan Toprak, vorgeworfen, in quasi mehr als drei Seiten geflunkert zu haben. Ein Journalist aus Hamburg treibt derzeit Toprak die Schweißperlen auf die Stirn.

Was war passiert? In mehr als drei Internetseiten, darunter der Kurdischen Gemeinde Deutschland – als führender Repräsentant, im Wikipedia-Eintrag, in sozialen Netzwerkprofilen wie Facebook oder auf der Internetplattform Abgeordnetenwatch wird angegeben, Ali Ertan Toprak habe in Münster Rechtswissenschaften und in Essen Sozialwissenschaften studiert. Der Lebenslauf des Politikers liest sich in etlichen Interneteinträgen genauso.

Dieser Eigenzuschreibung von Toprak ging der Journalist der türkischsprachigen Internetzeitung Gazetehamburg, Zafer Özpolat, zur bevorstehenden Bürgerschaftswahl in Hamburg nach. Sein Fazit: Ali Ertan Toprak hat gar keinen Studienabschluss, schon gar keine wissenschaftliche Examensarbeit in Rechtswissenschaften oder in Sozialwissenschaften, weder in Münster, noch in Essen. Außerdem kann Toprak ziemlich abschweifend antworten, aufmüpfig werden und letztendlich Drohungen aussprechen, wenn es die politische Karriere belastet, stellt Özpolat nüchtern fest.

Wenn jemand wie der CDU-Politiker, Mitglied des Bundesintegrationsbeirats und ZDF-Fernsehratsmitglied Ali Ertan Toprak öffentlich ständig unterstreicht, Rechtswissenschaften und Sozialwissenschaften studiert zu haben, dann impliziert er damit einen Studienabschluss und gaukelt dem Wahlvolk vor, ein Akademiker zu sein, eine geballte Ladung an akademischen Wissen zu besitzen, was ihn offenbar dazu befähigt, Politiker zu sein.

Aber ein Studium ist gar nicht unbedingt Voraussetzung, um Politiker zu werden. Die CDU setzt nicht voraus, ein Studium abgeschlossen zu haben. Rund 20 Prozent der Politiker im Bundestag haben nämlich überhaupt keinen Studienabschluss. Wieso hatte aber Toprak das Bedürfnis, eine migrantische Aufsteiger-Geschichte über Recklinghausen, Münster, Essen bis hin nach Hamburg zu erzählen?

Fest steht, dass dies systematische Täuschung ist. Das ist in etwa so wie vorzugeben, die Pilotenausbildung und Kapitänsausbildung besucht zu haben, was einen nicht bemächtigt, sich als Pilot einer A380 oder Kapitän zur See auszugeben. Vor allem geht es gar nicht, einen Journalisten mit Fachanwälten und hohen Schadensersatzansprüchen zu drohen – weil man dazu selbst nicht in der Lage ist. Zudem wirkt es albern, wenn man dem Journalisten unterstellt, von der Hamburger SPD Geld dafür bekommen zu haben.

An der Ehrlichkeit und Authentizität muss Ali Ertan Toprak deshalb noch arbeiten, wie so viele andere Politiker, die sich dem Plagiatsvorwurf schuldig gemacht haben.

Nabi Yücel – yuecelnabi@hotmail.de


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.