Historiker Münkler sieht die EU als gelungene Antwort auf die Weltkriege
Osnabrück – Anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ende des Ersten Weltkriegs an diesem Wochenende hat der Historiker Herfried Münkler die Europäische Union als einen „genialen Mechanismus, um Konflikte zu entpolitisieren und zu entschärfen“ gewürdigt.
Warnung vor zunehmendem Nationalismus
Im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Münkler: „Die europäischen Regierungen haben auf Krieg als politisches Mittel zur Durchsetzung ihres Willens verzichtet. Wirtschaftskontakte und der Austausch über Grenzen hinweg haben dazu geführt, dass sich die Menschen in einer Win-Win-Situation fühlen Das hat über Jahrzehnte gut funktioniert“. Gleichzeitig warnte Münkler vor dem Wiedererstarken des Nationalismus.
„Das ist das eigentlich Gefährliche an nationalen populistischen Bewegungen: International gehen sie Arm in Arm, solange sie ein gemeinsames Feindbild haben, Brüssel zum Beispiel, dagegen lässt sich trefflich polemisieren. Aber wenn sie dann untereinander etwas regeln müssen, wissen nicht so recht wie. Das ist wenig beruhigend.“
Auf die USA als Garant der Sicherheit dürfe sich Europa nicht länger verlassen. „Wir sehen den Niedergang eines „global cop“, eines Weltpolizisten. Die Amerikaner schauen jetzt vor allem auf den eigenen Nutzen, das ist das, was hinter America First steht. Die Zeit für Europa als sicherheitspolitisches Mündel, das von der Couch zusieht, wie die Dinge laufen, ist vorbei“, sagte Münkler der NOZ weiter: „Es wird also darauf hinauslaufen, dass wir anstatt einer globalen Ordnung mit einem Hüter eher ein System von fünf großen Mächten haben werden: USA, China, Russland, die EU und vielleicht Indien.
„Russland nicht als großen Gefährder hochstilisieren“
Mit Blick auf die Sorgen der Baltischen Staaten vor einer russischen Aggressionspolitik sagte Münkler:
„Generell würde ich nicht sagen, dass solche Sorgen gänzlich unbegründet sind, aber solange die Länder Mitglieder in der Nato sind, wird Präsident Putin ihnen zwar unterhalb der Kriegsschwelle immer mal wieder Stress machen. Ich würde Russland aber nicht als den großen Gefährder hochstilisieren. Die Russen können zwar unangenehm sein, aber sie sind ziemlich rationale Akteure.“