Berlin (nex) – Der Kurdische Nationalkongress in Syrien (ENKS) hat am Mittwoch in Berlin eine Solidaritätskundgebung mit syrischen Kurden abgehalten, die in den Gebieten Nordsyriens inhaftiert sind, die vom PKK-Ableger „Demokratische Unionspartei“ (PYD) kontrolliert werden.
Der Vorsitzende des von Erbil aus operierenden ENKS, Ibrahim Biro, warf der PYD erst kürzlich wieder in einem Interview mit dem Nachrichtenportal Kurdistan24 vor, eine die kurdische Bevölkerung spaltende Isolationspolitik mit geschlossenen Grenzen gegenüber der Kurdischen Autonomieregion im Nordirak zu betreiben.
Die Führung bereichere sich durch Wucherzölle und sei dafür verantwortlich, dass die Kaufkraft der Normalbürger in ihrem Machtbereich stetig sinke. Außerdem gehe man brutal und rücksichtslos gegen jede Opposition vor. „Ein Partner der PYD zu sein, ist sehr schwierig, da sie Politiker, die gegen ihre Politik sind, foltert und entführt und ihre Büros niederbrennt“, erklärte Biro.
„Das bedeutet jedoch nicht, dass die meisten Kurden ihr Leben als Flüchtlinge und Migranten verbringen werden, nur weil sie mit der Politik der PYD nicht einverstanden sind.“ Biro machte deutlich, dass Hunderttausende syrischer Kurden auf Grund der autokratischen und diktatorischen Praktiken der PYD die von dieser kontrollierten Regionen verlassen hätten. Damit folge sie dem Beispiel der PKK, die innerhalb der Türkei durch ihren Terror eine massenhafte Binnenwanderung aus den Kurdengebieten herbeigeführt habe.
Bereits vor einigen Monaten hatten internationale Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch der PYD ein vernichtendes Zeugnis bezüglich der Praktiken in den von ihr kontrollierten Gebieten ausgestellt. Kurdische Behörden im Norden Syriens nützten demnach den Kampf gegen die Terrormiliz IS nach Ansicht von Amnesty dazu, um systematisch gegen Oppositionelle und Kritiker in Medien, Politik oder Gesellschaft vorzugehen.
Willkürliche Festnahmen seien an der Tagesordnung, teilte die Menschenrechtsorganisation nach Recherchen in Gefängnissen der PYD am Montag mit. Viele der Inhaftierten seien bereits über ein Jahr ohne Anklage oder Gerichtsurteil in Haft. So seien etwa ein Dutzend Mitglieder der oppositionellen Syrischen Demokratischen Kurdenpartei (PDFK-S) in Afrin festgenommen worden und warteten seit 2014 vergeblich auf eine Anklage oder einen Gerichtsprozess. Neben dem Zugang zu Rechtsanwälten würde ihnen auch der Kontakt zu Verwandten verwehrt.
Nach Recherchen von Amnesty wurden Fälle bekannt, in denen Menschen über Monate in dunklen, unterirdischen Bunkern ohne Sanitäreinrichtungen zu Dutzenden zusammengepfercht wurden. „Die von der PYD geführte autonome Verwaltung kann ihren Kampf gegen Terrorismus nicht als Ausrede dafür benutzen, Menschenrechte zu verletzen”, so Amnesty.
Die Organisation Human Rights Watch hatte im vergangenen Jahr bereits ähnliche Vorwürfe erhoben. Beide Menschenrechtsorganisationen fordern die PYD auf, Minderjährige nicht mehr als Soldaten sowie an bemannten Kontrollposten einzusetzen, Häftlinge vor Misshandlungen zu schützen und die zahlreichen Entführungen und offensichtlich politisch motivierten Tötungen zu untersuchen.
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