Ankara (nex) – Das jüngste militärische Vorgehen der türkischen Streitkräfte gegen die terroristische PKK und Stellungen der mit ihr verbündeten syrischen PYD hat auch Rückendeckung aus den Reihen der Opposition erfahren.
Der frühere Parteivorsitzende und nunmehrige Abgeordnete der „Republikanischen Volkspartei“ (CHP) für Antalya, Deniz Baykal, verteidigte die Entscheidung als Versuch, eine neue Flüchtlingswelle zu verhindern. In einem Interview auf einem privaten Fernsehkanal erklärte Baykal, es sei das legitime Recht der Türkei, in Anbetracht von mehr als 2,5 Millionen Flüchtlingen, die sich bereits im Land befänden, etwas hinsichtlich eines ins Haus stehenden weiteren Ansturms auf die Grenzen zu unternehmen.
Angesichts des Chaos im Nahen Osten stehe die Türkei unter ernstem Druck und werde weiterhin zum Ziel eines anhaltenden Flüchtlingsstroms, solange der Frieden nicht wiederhergestellt sei. „Leider wird es eine neue Welle von Flüchtenden in Bewegung setzen, wenn die Strecke Azaz-Aleppo nicht offengehalten wird“, erklärte Baykal und fügte hinzu, der Schritt der Türkei stelle einen Versuch dar, diese Verbindung zu öffnen und so einen „groß angelegten Angriff auf und ein Massaker in Aleppo“ zu verhindern.
Die türkische Armee greift seit drei Tagen Stellungen der PYD und PKK in Nordsyrien mit Artillerie an, als Vergeltung für Beschuss vonseiten in Azaz im Norden Aleppos verschanzter PYD-Einheiten am Samstagabend. Zu den Gefechten kam es, nachdem die so genannten „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG), die Miliz der PYD, in Richtung der jüngst heftig umkämpften Stadt Azaz vorgerückt waren. Die sechs Kilometer vor der türkischen Grenze liegende Stadt stellt einen wichtigen Korridor für die Beteiligten im syrischen Bürgerkrieg dar. Baykal erklärte, es gehe nicht mehr länger um Azaz, sondern darum, einen Versuch zu unterbinden, die „historische Identität Aleppos zu verändern“.
Es gebe „Pläne einer Infiltration aus dem Süden Syriens nach Aleppo“. Aleppo sei eine sunnitische Stadt und sei dies auch immer gewesen. „Es ist wirklich nötig, ernsthaft eine Politik in Frage zu stellen, deren Ziel es ist, diese Stadt Russland, den Truppen Assads sowie schiitischen und alawitischen Kräften zu überlassen“, machte Baykal deutlich. „Ich glaube nicht, dass es in Ordnung ist, ‚sich nicht einzumischen‘ in einen Prozess, der zu einer Änderung der historischen Identität führen würde. Auch die USA haben kein Recht, so zu tun, als gehe sie das alles nichts an.“
Im Parlament bedankte sich Premierminister Ahmet Davutoğlu bei Baykal für seine Anmerkungen, die „eines Staatsmannes würdig sind, der Entwicklungen entlang unserer Grenze aus der Perspektive der nationalen Sicherheit betrachtet“. Deniz Baykal hatte mit nur kurzen Unterbrechungen die CHP von 1992 bis 2010 als Vorsitzender geführt, ehe er nach der Veröffentlichung eines kompromittierenden Videos seinen Rücktritt erklärte. Politische Beobachter und die Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass die Aufnahmen, die zu seinem Ende als Parteichef führten, von Mitgliedern der mutmaßlich vom in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen gesteuerten „Parallelstruktur“ innerhalb des Staatsapparates angefertigt worden waren, die drei Jahre später auch versuchte, mittels eines fingierten Korruptionsskandals die Regierung des damaligen Premierministers Recep Tayyip Erdoğan zu stürzen.