Ein Gastkommentar von Nabi Yücel
Israel hat mit seinem eklatanten völkerrechtswidrigen Angriff auf die Hamas-Führung in Katar gezeigt, dass sie keine Grenzen kennt. Die USA haben gezeigt, dass sie als Verbündeter Israels, trotz allem fest und einzig an der Seite Israels stehen.
Bislang war es ja so, dass der aufgeklärte Westen die Gedanken des Nahen Ostens, der Westen verfolge auch nach dem Sykes-Picot-Abkommen die Strategie der „divide et impera“, als Verschwörungstheorie abtat.
Diese negativen Gedanken werden seit geraumer Zeit live vor Augen geführt: in Palästina, in Libanon oder jetzt in Syrien. Das hat aber trotz dieser erdrückenden Erkenntnis, eine positive Seite. Der Nahe Osten weiß jetzt, woran sie ist!
Ob damit das Abraham-Abkommen von Trump je zustande kommen wird? Wer kann das noch bestimmt behaupten?
Welche Golfstaaten oder alle zusammen, werden wieder die Ölkarte gegen den Westen ausspielen? Einer allein könnte Europa ziemlich auf den Keks gehen!
Oder wird Katar seine Billionen-Investitionen aus dem Westen langsam abziehen? Denkbar wäre es!
Nach dem Israel in der katarischen Hauptstadt Doha die Verhandlungsriege der Hamas per Luftangriff auszuschalten versuchte und damit jede internationale Regel, Norm oder Gesetz eklatant verletzte, gab es aus den USA, oh Wunder, lediglich ein nippisches Achselzucken. In Washington war man sogar der Auffassung, dass der Angriff doch nicht so schwerwiegend war.
Entsprechend reserviert zeigte sich die US-Regierung und verurteilte mit keiner Silbe den Luftangriff auf Doha. US-Präsident Donald Trumps Medienberater ließen über drei Ecken über Medien lediglich verlautbaren, dass der Präsident dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu quasi am Kopf gekrault habe.
Und Netanyahu soll erwidert haben, dass man sich Hals über Kopf dazu entschlossen habe, die Gelegenheit zu nutzen. Fast schon wie zwei Lausbuben, die sich einen Streich erlaubt haben.
Zumindest weis nun der Nahe Osten, mit welcher Sorte Diplomatie man es zu tun hat und dass die „Hirngespinste“, wie es die zivilisierte westliche Sphäre bislang abtat, sich schmerzlich bewahrheitet. Beide, Israel und die USA, haben deutlich gemacht: wir sind die Hausherren und wir werden tun und lassen, wie es uns beliebt.
Dazu zählt, die territorialen Grenzen von Ländern als Spielwiese zu betrachten, die territoriale Einheit eines Landes als Schachbrett zu erachten, gegenüber legitimen Regierungen Fratzen zu ziehen, Völkergemeinschaften wie Bauernfiguren zu bewegen.
Da wäre z. B. die jüngste Verlautbarung des US-amerikanischen Botschafters von Ankara und US-Sondergesandten für Syrien, Tom Barrack. In einem Interview erklärte er freimütig, dass Israel tue, was es tun wolle: „Die von Sykes-Picot gezogenen Grenzen sind für Israel bedeutungslos. Israel kann eintreten, wo und wann es will.“
Es gibt eine Reihe von Erklärungen von Barrack, die einigen Nachbarn Israels, vor allem der Türkei überhaupt nicht gefallen. Es kommt inzwischen offen durch, dass man dem Nahen Osten und der Türkei nahelegt, sich mit der Situation anzufreunden und hinzunehmen.
Die Region soll quasi stillhalten, wenn sich Israel in ihren Territorien austobt und Lebensraum zu verschaffen versucht. Das ist die Botschaft, die Barrack seit seinem Auftritt in Libanon ausspricht. Wir dürfen uns nicht an die permanente Verletzung der Souveränität und die Angriffe durch Israel gewöhnen. Und das ist die Devise, mit der Netanyahu sein Regierungskabinett und die israelische Gesellschaft bei Laune hält.
Deshalb treiben es in Israel einige Akademiker und Politiker auf die Spitze, wenn sie der Türkei mit dem Zaunpfahl drohen oder als nächstes Ziel auserkoren haben. So schreibt ein israelisches Blatt,
„Israel erwog, die Hamas-Delegierten in der Türkei anzugreifen, änderte seine Meinung jedoch aus Angst vor den Reaktionen der NATO wegen der NATO-Mitgliedschaft der Türkei!“. Jetzt sei wohl der Zeitpunkt gekommen… Richtig ist wohl, dass die Türkei die Spielwiese abgesperrt hat und Mossad quengelnd nach Hause lief.
Es darf den Westen jetzt nicht verwundern, wenn der Nahe Osten ihr Heil wo anders; womöglich in der Türkei? Die Türkei ist gegenwärtig dabei entsprechende Vorkehrungen zu treffen bzw. schon dabei, diese Vorkehrungen zu Ende zu bringen. Weder „Araber“, „Palästinenser“ noch „Türken“, lassen sich in solchen existenziellen Fragen lumpen. Die Konsequenzen wird man früh genug spüren.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.
ZUM THEMA
– Francesca Albanese –
Thomas: „Der globale Süden erkennt sich in Palästina wieder“
Thomas: „Eigentlich müsste Albanese, die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte, Jeanne d’Arc die Zweite genannt werden.“
Thomas: „Der globale Süden erkennt sich in Palästina wieder“