Start Panorama Kriminalität November 1992 Von Mölln bis heute: Der lange Schatten des rechten Terrors

November 1992
Von Mölln bis heute: Der lange Schatten des rechten Terrors

Bereits vor dem rassistischen Anschlag von Mölln erschütterten zahlreiche Angriffe auf Migrant*innen und auf Asylunterkünfte das Land.

Bahide, Yeliz und Ayşe Yılmaz (Foto: Screenshot)
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Von Kemal Bölge

Die Mörder wussten, dass in den Häusern türkische Familien lebten. Durch den Brandanschlag in der Mühlenstraße in Mölln verloren zwei Mädchen – die 10-jährige Yeliz Arslan und die 14-jährige Ayşe Yılmaz – sowie die 51-jährige Bahide Arslan ihr Leben.

Neun weitere Menschen wurden bei diesem feigen Verbrechen verletzt.

Besonders perfide agierten die Täter, als sie nach der Tat anonym bei Feuerwehr und Polizei anriefen, um auf die brennenden Häuser aufmerksam zu machen – und die Gespräche mit „Heil Hitler“ beendeten. Wenige Tage später wurden die Neonazis festgenommen, die von den Sicherheitsbehörden der Skinhead-Szene zugeordnet worden waren.

Vor dem Oberlandesgericht Schleswig-Holstein wurde Michael P. wegen dreifachen Mordes und mehrfachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt, während Lars C. nach Jugendstrafrecht eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren erhielt.

In der Urteilsbegründung sah das Gericht als erwiesen an, dass die Angeklagten das Abbrennen der beiden Häuser nicht nur wollten, sondern den Tod der Bewohner bewusst in Kauf nahmen. Dennoch kamen beide Täter frühzeitig wieder frei: Lars C. im Jahr 2000, Michael P. 2007.

Bereits vor dem rassistischen Anschlag von Mölln erschütterten zahlreiche Angriffe auf Migrantinnen und Migranten und auf Asylunterkünfte das Land. Eine Welle rassistisch motivierter Gewalt zog sich durch Deutschland – und nur ein halbes Jahr später, in der Nacht des 29. Mai 1993, zündeten vier Neonazis das Haus der türkischen Familie Genç in Solingen an.

Bei dem Brand starben die 27-jährige Gürsün Genç, die 18-jährige Hatice Genç, die 12-jährige Gülistan Öztürk, die 4-jährige Saime Genç und die 9-jährige Hülya Genç. Der Jurist Mehmet Daimagüler, der im Münchner NSU-Prozess Hinterbliebene zweier Opfer vertreten hatte, stellte später fest, dass sich „im Umgang Deutschlands mit rassistischem Terror in den letzten 25 Jahren kaum etwas verändert“ habe.

2025 – im Gedenken an die Opfer des rassistisch motivierten Terrors von Mölln, Solingen und all der vielen weiteren Anschläge, die nie hätten geschehen dürfen.

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