Während SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoğlu die Ehefrau von Ekrem Imamoğlu, Dilek Imamoğlu, in Istanbul mit einem Geschenk aus Berlin aufwartet, um Trost und Mut zu spenden und von einem „Frontalangriff auf die Demokratie und Willen des Volkes“ spricht, bricht der ebenfalls inhaftierte Berater von Ekrem Imamoğlu, Ertan Yıldız, das Schweigen.
Bitte einfach mal schweigen, lieber Herr Karaahmetoğlu!
Ihr beide, Macit Karaahmetoğlu sowie SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil lässt keine Gelegenheit aus, die amtierende türkische Koalitionsregierung zu kritisieren. Dabei räumt doch die türkische Justiz mit einem schweren Erbe auf: Korruption und Bestechung!
Die SPD sollte, statt die türkischen Genossen in Schutz zu nehmen, die einstigen Lehrmeister der CHP beherzigen, die schon lange davor warnen, Imamoğlu uneingeschränkt in Schutz zu nehmen. Das hat auch plausible Gründe, wie jetzt erst wieder bekannt wurde.
Die Wahrnehmung über die Inhaftierung des ehemaligen OB von Istanbul, Ekrem Imamoğlu, sowie weiteren Bürgermeistern von Istanbuler Stadtgemeinden samt Beratern, Führungskräften innerhalb der städtischen Betriebe und Unternehmen, ist in der Türkei genauso gespalten, wie in der oppositionellen Partei CHP. Da fragt man sich folgerichtig, wessen Wahrnehmung erdrückender ist: die der deutschen Genossen oder die der Kritiker innerhalb der CHP.
Der lange Weg vom Münzautomatenpolitiker zu ehrenhaften Volksdienern
Erst jüngst wechselten zwei Bürgermeister die Lager, von der CHP zur AKP – weil Korruption und Bestechung im Spiel waren und die Bürgermeister – u. a. die charismatische Bürgermeisterin von Aydin Özlem Çerçioğlu sowie der Bürgermeister von Şehitkamil Umut Yılmaz, dass nicht mehr hinnehmen wollten und dem Treiben so ein Ende bereiteten.
Das eigentliche Problem sind ja nicht nur die übergetretenen Bürgermeister, sondern die über 80 Personen, die ausnahmslos aus der Partei CHP selbst stammen, die Ekrem Imamoğlu strafrechtlich angezeigt, belastet oder nach der Verhaftung sich in die Kronzeugenregelung begeben haben.
Es sind auch die unzähligen Unternehmer, die mit dem Auffliegen des „Eko-Systems“ von Ekrem Imamoğlu sprichwörtlich „Hopps“ gingen und einer nach dem anderen ausplaudert und dabei Belege, Quittungen oder Handyaufnahmen als Beweis vorlegt.
Angesichts dieser erdrückenden Beweislast braucht Ekrem Imamoğlu als letzten Ausweg einen Umsturz der Regierung, die Aufhebung der Gewaltenteilung und vor allem, ein Exilland, in der er sich retten kann, bevor das Volk wiedererwacht. Was anderes wird ihn nicht retten; auch kein abgeschlagenes Stück der Berliner Mauer.
890 Millionen allein für den Wahlkampf abgezweigt
Denn, ausgerechnet der Berater des ehemaligen OB von Istanbul und Präsidentschaftskandidaten Ekrem Imamoğlu, der ebenfalls inhaftierte Ertan Yıldız, hat jüngst gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft vollumfänglich ausgepackt. Die Türkei erfährt gerade wieder einmal nur ein Bruchteil dessen, was aus der schriftlich festgehaltenen Aussage hervorgeht.
Was Türken z. B. überhaupt nicht abhaben können ist, wenn jemand vorgibt die gesammelten Spendengelder im Ramadan zweckgebunden Armen sowie Schwachen zur Verfügung zu stellen und herauskommt, dass diese Gelder womöglich für den Wahlkampf genutzt wurden. Oder, wenn herauskommt, dass der Stadtetat zu einem Teil den eigenen Interessen und der politischen Karriere dienlich war.
Laut der Aussage gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft von Istanbul, wurden z. B. insgesamt 890 Millionen Lira für den Präsidentschaftskandidatur-Wahlkampf ausgegeben, mit Geldern von Tochtergesellschaften der Istanbuler Stadtverwaltung, Geldern, die für das städtische Werbebudget bestimmt waren und Geldern aus den Erlösen von Ramadan-Karten, die für wohltätige Zwecke bestimmt waren.
Das behauptet nicht geringerer als Ertan Yıldız, der insgeheim hofft, damit eine Strafmilderung zu ergattern – wie all die Dutzenden anderen, die mitgeholfen haben, dieses kriminelle Eko-System aufzuschlüsseln und damit auch immer mehr die Führungsspitze der CHP in Bedrängnis bringen.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.
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– Gastkommentar –
Imamoglu-Verhaftung: Was hätte Erdogan von diesem Chaos?
Yücel: „Der gesunde Menschenverstand würde sich daher zuerst fragen: was hätte Erdoğan bei diesem Chaos davon, gegen einen İmamoğlu vorzugehen? Wohlgemerkt: gegen den schwächeren der beiden möglichen CHP-Kandidaten?“