Von Yasin Bas
Das Jahr 2021 ist von besonderer Bedeutung für die deutsch-türkischen Beziehungen und die jüngere Migrationsgeschichte in Deutschland. Denn im Oktober feiert das deutsch-türkische Anwerbeabkommen 60-jähriges Jubiläum. Auch das deutsche Fernsehen plant anlässlich dieses wichtigen Ereignisses, sehenswerte Sendungen zu produzieren. Eine davon wird ein Film von Candan Six-Şaşmaz sein, der auf ZDF/3sat ausgestrahlt werden soll und für den derzeit türkischstämmige Familien aus mehreren Generationen gesucht werden.
Ein Grund zum Feiern
Deutschland ist ein Migrationsland. Obwohl es viele Kräfte gab, die sich lange Jahre dagegen verwahrten, Deutschland als ein Einwanderungsland zu akzeptieren, ist dies heute bereits Realität. Und: Gerade die türkischen Arbeitsmigranten haben in der jüngeren Vergangenheit dazu beigetragen, dass dies so ist. Zudem haben sie aber auch einen Anteil daran, dass sich das deutsche Wirtschaftswunder der 60er Jahre verwirklichen konnte. Selbst wenn Medien immer noch viel zu oft von Integrationsproblemen sprechen und manche Politiker ihre Zeit mit negativen Beispielen füllen, sollte der Jahrestag des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und der Türkei vom 30. Oktober 1961 ein Grund zum Feiern sein.
Deutschtürken als multifunktionale Brücke
Im Zuge dieses Vertrags kamen etwa vier Millionen Menschen nach Deutschland. Annähernd die Hälfte von ihnen ging später wieder in die Türkei zurück. Heute leben etwa drei Millionen türkischstämmige Menschen in Deutschland, von denen etwa die Hälfte noch mindestens die türkische Staatsbürgerschaft besitzt.
Die Deutschtürken fungieren seit Jahrzehnten als eine multifunktionale Brücke zwischen Deutschland und der Türkei. Diese Brücken kann man in nahezu allen Segmenten entdecken: In der Freundschaft und Kooperation, im Handel, in der Sicherheitspartnerschaft, in der Wissenschaft, Kunst und Bildung.
Migration ist eine Erfolgsgeschichte
Der Migrationsprozess der Enkel und Urenkel der damaligen Arbeitsmigranten setzt sich heute unter anderem in den Universitäten, Forschungseinrichtungen, Praxen, Kanzleien, Unternehmen sowie in den Bereichen Medizin, Medien, Sport und nicht zuletzt auf der Leinwand fort. Türkische Namen von Abgeordneten in kommunalen-, regionalen- und bundesdeutschen Parlamenten sind inzwischen selbstverständlich. Derzeit studieren mindestens 40.000 türkische Studenten an deutschen Hochschulen. Die etwa 100.000 türkischstämmigen Unternehmer und Selbständigen beschäftigen nahezu eine halbe Million Menschen in ihren Betrieben in Deutschland. Diese Unternehmer beteiligen sich am jährlichen Bruttoinlandsprodukt mit ca. 50 Milliarden Euro. Ein weiteres Indiz für eine erfolgreiche Integration der Türken in Deutschland sind die binationalen Ehen, deren Zahl bei etwa 400.000 liegt.
Candan Six-Şaşmaz plant Dokumentarfilm
Um all diese facettenreichen Lebensumstände und die historischen Momente der türkischen Arbeitsmigration aufzuzeichnen sucht die deutsch-türkische Journalistin und TV-Autorin Candan Six-Şaşmaz türkischstämmige Familien, deren Geschichte sie über drei bis vier Generationen porträtieren möchte. In einem Aufruf schreibt die Journalistin, dass sie aus Anlass des 60. Jubiläums des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens einen Themenabend für das ZDF/3sat gestalten darf.
In einem 90-minütigen Film solle die Geschichte der türkischen Arbeitsmigranten in der Bundesrepublik dokumentiert werden. Aufgrund des Alters der Zeitzeugen sei dies zudem eine der letzten Gelegenheiten mit ihnen über ihre Erlebnisse zu sprechen. “Der Themenabend soll eine Hommage an diese Menschen werden, die die deutsch-türkische Geschichte geprägt haben”, sagt die Journalistin. Sowohl die türkischen “Gastarbeiter” als auch die deutschen “Gastgeber” sollen in den Focus rücken und gefeiert werden. Six-Şaşmaz möchte in ihrem Film Familien porträtieren, die in den 60er und 70er Jahren nach Deutschland eingereist und hier geblieben sind.
Porträt mehrerer Generationen
Gesucht werden deshalb neben Großeltern und Eltern auch Enkelkinder. “Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mich bei der Suche nach solchen Familien unterstützen könntet. Vielleicht kennt ihr noch jemanden aus der ersten Generation, der in den 60er, 70er Jahren nach Deutschland gekommen ist”, schreibt die erfolgreiche Journalistin. Von besonderem Interesse seien Familien, “die eine so tolle Geschichte haben, die man unbedingt erzählen” müsse. Der Film solle bewegende und emotionale Lebensmomente der Arbeitseinwanderer und ihrer Nachkommen festhalten: “Schöne, amüsante, traurige, rührende, hoffnungsvolle Erinnerungen aus dem Leben der ersten Gastarbeiter, die man sehen, hören und den zukünftigen Generationen hinterlassen sollte.”
“Deutsche und Türkeistämmige gehören zusammen”
Der Journalistin gehe es darum, zu zeigen, dass Deutsche und Türkeistämmige zusammengehören. Six-Şaşmaz möchte verdeutlichen, dass “wir eine gemeinsame, 60-jährige Vergangenheit haben, die mal leichter, mal schwieriger war”, die aber trotz allem eine Würdigung verdiene. Da die Dokumentation pünktlich zum Jahrestag am 30.10.2021 gesendet werden soll, sei im Juli 2021 Drehschluss. Sodann könne angefangen werden, das Material zu schneiden. “Die Dreharbeiten können sofort beginnen”, so die Autorin. Das Team richte sich zeitlich nach den Familien. Außerdem werde nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei gedreht. Interessierte können sich melden unter: candansix-sasmaz@gmx.de oder 0176 – 642 672 82.