Berlin (dpa) – Das Foto eines schwarzen Güterwaggons für den Transport von Flüssigkeiten oder Gasen wird über soziale Netzwerke verbreitet. Auf dem Kesselwagen ist die Aufschrift „COVID-19“ zu erkennen – als würde er eine große Menge des Coronavirus transportieren. Der Schriftzug wird mit einem roten, in das Foto gemalten Kreis besonders hervorgehoben. Neben der Abbildung finden sich oft Beschriftungen und Kommentare, die andeuten, die Corona-Pandemie sei eine mit dunkler Absicht von einer höheren Instanz wie dem Staat oder „den Mächtigen“ verbreitete Krankheit (http://dpaq.de/hLi9m).
BEWERTUNG: Das Foto ist manipuliert. Das für die Pandemie verantwortliche Virus heißt Sars-CoV-2. Die Bezeichnung Covid-19 steht für die von dem Virus ausgelöste Lungenkrankheit.
FAKTEN: Abgebildet ist ein schwarzer Kesselwagen, wie er in den USA zum Transport von Flüssigkeiten und Gasen eingesetzt wird. Diverse Formate des manipulierten Bildes sind mittlerweile im Umlauf. Ein größerer Ausschnitt zeigt, dass der Wagen zur Flotte der US-Leasinggesellschaft GATX gehört (http://dpaq.de/DazCJ). Abzulesen ist dies am Schriftzug auf der linken Seite des gezeigten Waggons (http://archive.ph/ZfzG3).
Welche Beschriftungen sonst noch auf Kesselwagen in den USA zu finden sind, zeigt eine Broschüre der Association of American Railroads (AAR). Hier fällt auf, dass an der Stelle des „COVID-19“-Schriftzugs im verbreiteten Beitrag normalerweise gar keine Beschriftung aufgetragen ist (http://dpaq.de/2xcQN).
Das zeigen ebenso Ergebnisse einer schlichten Online-Suche nach den schwarzen Kesselwagen aus den USA. Auf den im Netz zu findenden Fotos bleibt die Stelle der „COVID-19“-Aufschrift leer (http://dpaq.de/z3Hyd, http://dpaq.de/dhgAu).
Untersucht man dann die Abbildung des Zuges mit Programmen für Bildbearbeitung oder Fotoforensik genauer, lassen sich weitere Hinweise auf eine Manipulation erkennen. Nutzt man die Funktionen zur Veränderung des Kontrasts im Bild oder für den Zoom, zeigen sich deutliche Ergebnisse.
Bewegt man beispielsweise den Kontrastregler einer einfachen Bildbearbeitungs-Software ans Maximum oder Minimum, fällt auf, dass der „COVID-19“-Schriftzug und die anderen auf dem Wagen zu sehenden Bezeichnungen sich unterschiedlich stark verändern – ein Zeichen dafür, dass ein fremdes Objekt in ein Bild eingefügt wurde.
Benutzt man eine Zoom-Funktion und vergleicht die Buchstaben aus der Nähe, wird deutlich, dass der „COVID-19“-Schriftzug schärfer gezeichnet ist als die Bezeichnung „GATX“. Das Weiß der „COVID“-Buchstaben wirkt etwas weißer, auch unterscheidet sich bei starker Vergrößerung der Hintergrund der manipulierten Stelle von dem an anderen Stellen des Tanks.
Außerdem wirkt der Schriftzug im Vergleich zum Rest des Kesselwagens perspektivisch nicht korrekt. Die Schrift müsste sich leicht in Richtung des Fluchtpunktes verjüngen, stattdessen wirkt sie zweidimensional und auf das Foto aufgesetzt.
Weitere Auffälligkeiten werden beim Benutzen von Programmen der digitalen Bildforensik deutlich. Die Faktenprüfer von Mimikama stellten bei ihren Untersuchungen Auffälligkeiten über die Rauschanalyse fest (http://dpaq.de/N07hH).
Auch bei Untersuchungen mit einem „Level Sweep“-Werkzeug zeigen sich ähnliche Auffälligkeiten (http://dpaq.de/MfGEW). Mit diesem Werkzeug ist es möglich, Unregelmäßigkeiten im Foto besser sichtbar zu machen.
Neben den Auffälligkeiten im Foto ergibt die Aufschrift „COVID-19“ auch inhaltlich wenig Sinn. Die Bezeichnung steht für die durch das Virus ausgelöste Lungenkrankheit, das Virus selbst heißt Sars-CoV-2. Und angenommen, es gäbe tatsächlich einen geheimen Transport eines Virus: Würden die Verantwortlichen das dann groß auf den Waggon schreiben?