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Kommentar: YPG kopierte von Beginn an die Verhaltensregeln des IS

Das syrische Verfassungskomitee hat ihre erste Ausschusssitzung in Genf begonnen. Das Komitee soll zusammenkommen, um eine neue Verfassung für Syrien zu erarbeiten. Ein Kommentar.

(Screenshot/TRT)
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Ein Gastkommentar von Nabi Yücel

Das syrische Verfassungskomitee hat ihre erste Ausschusssitzung in Genf begonnen. Das Komitee soll zusammenkommen, um eine neue Verfassung für Syrien zu erarbeiten.

Zusammengesetzt ist sie von Vertretern der Regierung von Machthaber Baschar al-Assad, der Opposition und der Zivilgesellschaft sowie unabhängigen Experten, die in Begleitung der Vereinten Nationen tagen. Wer ist nicht dabei? Die sogenannte „Selbstverwaltung Rojava“ in Nordsyrien, die von der PYD/PKK/YPG mit Gewalt und Terror herbei gezaubert wurde und das Kalifat namens IS, die aus der Flasche wie ein Geist entsprang.

So schnell, wie das „Islamische Kalifat im Irak und Syrien“ ausgerufen wurde, so schnell ging dieses brutale Terrorregime auch unter. Genauso schnell hatte in der selben Zeit die Terrororganisation PKK mit ihrem syrischen Ableger YPG/PYD die Gunst der Stunde genutzt, um mit Gewalt und Unterdrückung, Vertreibung und ethnischen Säuberungen, ein „Rojava“ zu etablieren.

Wer glaubt, diese zwei Terrororganisationen, die IS wie YPG, seien aus eigener Kraft auf diese Schnappsidee gekommen, der glaubt auch an die Marsmännchen. Während die IS plötzlich über nagelneue Humvees und modernste Pritschenwagen mit aufmontierten Panzerschrecks Made in Japan verfügte, hatte die YPG ebenfalls Humvees, MILANs und G-36 Sturmgewehre und hieß nicht mehr YPG, sondern fortan SDF. Weil in dem ständigen Dreibuchstabensalat das Wort „Demokratie“ nicht fehlen durfte, nannte sich die terroristische YPG mit großzügiger Hilfe eines US-Generals – auf die saublöde Idee konnte die YPG/PKK ja selbst nicht kommen – nun „Syrisch Demokratische Kräfte“.

Das Einzige, was an dieser völkischen Gruppierung demokratisch war, ist, dass die USA bei der Namensgebung mitbestimmen konnten. Ansonsten hatten vor Ort in Nordsyrien die christlichen und anderen Minderheiten, wie auch die Mehrheit an syrischen Arabern, nun nichts mehr zu lachen. Die Araber sowie Turkmenen wurden samt den christlichen Assyrern, Aramäern und Chaldäern fortan durch Briefkastenvereine ersetzt und dienten als Persilscheine für europäische Interessen.

Selbstverständlich kopierte man von Beginn an auch die Verhaltensregeln des IS, die Steuereinahmen wurden ebenso streng durchgesetzt, wie auch die Zwangsrekrutierung von Kindern oberstes Gebot hatte, um die örtliche Bevölkerung auszunehmen, willig zu machen und zu unterdrücken.

(Screenshot/The Telegraph)

Nun, die Show ist jetzt vorbei: der IS wurde längst samt Zivilbevölkerung mit Luftschlägen entweder vertrieben oder in den Erdboden vermischt. Ihre Führer werden einzeln zur Strecke gebracht. Die YPG ist nun in die Wüste verbannt worden und kann sich dort eine Sandburg bauen, wenn sie denn mag, muss sich aber darauf einstellen, dass die Türkei mit einer Nacht- und Nebelaktion sich den einen oder anderen Führer schnappt oder ins Nirvana schickt.

Es gibt doch tatsächlich noch diese Aluhutträger, die meinen, in der Türkei könnten irgendwelche Halsabschneider unter dem Radar türkischer Sicherheitsbehörden, ihren Kalifatstaatsphantasien immer noch nachgehen. Das dachten die deutschen „Islamisten“ in Deutschland oder Europa auch, bis sie dann entweder hops genommen wurden oder gleich mit Reisepässen in gelbe Tüten landeten.

Nicht anders ist es in der Türkei. Selbstverständlich gibt es in der Türkei auch „Islamisten“, darunter auch Kalifatsbürger, die meinen, in der Türkei ihren feuchten Traum verwirklichen zu können. Die türkischen Sicherheitskreise sind nicht blöde; man überwacht solche Personen, man findet heraus mit wem sich diese Personen noch treffen, welche Netzwerke sich gebildet haben und wenn die Zeit reif ist, schlägt die osmanische Klatsche zu.

Februar 2018 war so ein Zeitpunkt, bei der Ismael al-Ethawi in der Türkei dingfest gemacht und in Zusammenarbeit mit internationalen Nachrichtendiensten dem Irak übergeben wurde. Hier pressten die irakischen Behörden diesen IS-Spitzenfunktionär nach nicht geltendem Recht samt seinen Begleitern wie eine Orange aus – ist ja in der Türkei verboten, außer dieser Spitzenfunktionär wäre auf Guantanamo gelandet -, fanden so wichtige Hinweise zu al-Baghdadi. Die Hinweise verdichteten sich, das Puzzle wurde zusammengefügt und al-Baghdadi letztlich in Idlib dingfest gemacht.

(Foto: REUTERS/Screenshot)

Jetzt wollen natürlich manche Aluhutträger, weil er in Idlib gestellt wurde, daraus ableiten, dass dieser al-Baghdadi von türkischen Behörden eine Fotosafari in Idlib oder angeblich auch im türkischen Hatay spendiert bekam. Vielleicht hatten die türkischen Behörden auch vor, diesen Burschen das Handwerk zu legen, wenn sie genug Informationen zusammengetragen haben, um auch den Rest dieser Bande zu schnappen? Vielleicht waren zahlreiche andere Nachrichtendienste daran beteiligt, man wartete jedoch gemeinsam den Zeitpunkt ab und griff dann zu?

Im Übrigen, wie konnte denn dieser al-Baghdadi unter dem Radar der allmächtigen YPG-Schnüffler von Irak bis nach Idlib über YPG-kontrolliertes Gebiet gelangen? Hatten denn die Unterwäschenschnüffler von Mazlum Kobane nicht bemerkt, dass dieser Flaschengeist durch ihr Gebiet gewandert ist?

Apropos Deutschland: nicht anders dürfte es sich beim NSU zugetragen haben, nur mit dem Unterschied, dass die deutschen Behörden derart diletantisch gegen den rechtsextremistischen Terror vorgingen, dass das neun Menschen das Leben kostete und in Deutschland mehrere NSU-Terroranschläge noch heute politisch wie staatlich gedeckt werden.

Aber zurück zum Thema. Jetzt wo zuerst das Kalifat von der syrischen und irakischen Bildfläche ausradiert wurde, ist die Türkei gerade dabei das völkische „Rojava“ in Nordsyrien auszuradieren. Da können sich in Europa oder in Deutschland jetzt noch so viele Pazifisten und Verabscheuer von Krieg und Gewalt zu Wort melden, es wird nicht mehr daran gerüttelt: es ist beschlossene Sache.

Diese Bourgeoisie von „Kriegsgegner“ hat Jahrzehnte mitangeschaut, wie in weiten Teilen der Welt Kriege und Konflikte entfacht und Leid verursacht wurden. Diese Konflikte wurden von der Bourgeoisie mitunter auch begrüßt oder man labte sich danach an den Gewinnen des Landraubs, der Ausbeutung dieser Regionen der Erde.

Gegenwärtig reißen genau die Marktschreier von Bourgeoisie ihr Maul gegenüber der Türkei auf, um sie in einer Welle der gemeinschaftlichen Entrüstung darüber, zur Aufgabe zu bewegen. Aber da haben sie die Durchhaltekraft und das Durchhaltevermögen der Türken unterschätzt, weshalb sie nun vor der unabwendbaren Tatsache stehen: die syrische Ausschusssitzung in Genf.

Das geht wie Öl hinunter, wenn man die Sitzungsteilnehmer betrachtet, schließlich sind die Parteien IS und YPG nicht mitanwesend. Es wurde Zeit, dass die Menschen in Syrien ohne solche Terrorbanden wieder zur Besinnung kommen, aus der sie während des arabischen Frühlings herausgerissen wurden. Was einst mit politischen Mitteln vorgetragen, dann mit Waffen ausgetragen wurde, findet ihren Ursprung wieder am Verhandlungstisch.

Wer jetzt genau das angreift oder kritisiert, kann und darf sich nicht als Pazifist oder Kriegsgegner, schon gar nicht als Freund der Kurden, Turkmenen, Christen oder Araber bezeichnen; denen nimmt das keiner mehr ab.


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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