Brüssel (nex) – Die EU und die Türkei haben sich am Freitag auf ein Flüchtlingsabkommen geeinigt, das ein neues Kapitel im Beitrittsprozess des Landes öffnet. Den Kernpunkt des Abkommens bildet die Rückführung der Flüchtlinge in die Türkei, die illegal über Griechenland nach Europa kommen.
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu kam mit allen 28 EU-Staats- und Regierungschefs zusammen, um das Abkommen zu besiegeln, auf das große Hoffnungen gesetzt werden: Es soll die Flüchtlingsströme von Griechenland nach Europa eindämmen. Davutoglu erklärte: „Hauptziel dieses Abkommens ist den Tod von Kindern, Frauen, Jugendlichen und alten Menschen im Ägäischen Meer sowie in seiner Umgebung zu verhindern, auf diese Weise Schleppern den Boden zu entziehen und die legale Einwanderung zu ermöglichen.“
Des Weiteren hat Ankara die Einführung des visumfreien Reisens für ihre Bürger bis Ende Juni, die Beschleunigung der Beitrittsverhandlungen und weitere drei Milliarden Euro für die Belange der syrischen Flüchtlinge in der Türkei gefordert.
„Der wichtigste Aspekt ist die Visumfreiheit“, betonte Davutoglu. „Wir hoffen, dass dies bis Ende Juni realisiert wird.“
Die Türkei muss in der Visumfrage 72 Anforderungen, unter anderem Migrationssteuerung, Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, erfüllen. Die Türkei habe bereits 37 Punkte des Anforderungskatalogs verwirklicht. „Wir werden alle Anforderungen erfüllen und hoffen, dass die EU ihrerseits ihren Part erledigen wird“, merkte Davutoglu an.
In dem Abkommen hat die EU der schnelleren Auszahlung der bereits versprochenen drei Milliarden Euro für die Belange der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zugestimmt. Weiter wurde vereinbart, dass EU und Türkei innerhalb einer Woche gemeinsam eine Liste konkreter Projekte in diesem Rahmen erstellen werden. Im letzten Jahr haben Hunderttausende Flüchtlinge das Ägäische Meer in Richtung Griechenland überquert.
Der türkische Ministerpräsident führte weiter aus, dass die Lebensbedingungen der syrischen Flüchtlinge in der Türkei in vielen Teilen der Welt auf große Anerkennung stießen. Die Türkei habe als eine der ersten Amtshandlungen nach den Parlamentswahlen im November Arbeitserlaubnisse für die in der Türkei lebenden syrischen Flüchtlinge eingeführt: „Jeder EU-Staats- und Regierungschef wird wohl zustimmen, wenn ich sage, dass das eine schwierige Entscheidung war“, gab Davutoglu zu bedenken.
„Wir haben Flüchtlingscamps, in denen seit fünf Jahren 300 000 Menschen leben“, so der türkische Ministerpräsident weiter. Diese Camps hätten sich zu Dörfern und Städten, teilweise mit Schulen und Krankenhäusern, entwickelt. Syrische Flüchtlinge lebten Seite an Seite mit Türken zusammen und würden nicht diskriminiert, betonte er. Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi, der nach dem EU-Gipfeltreffen ebenfalls ein Statement in einer Pressekonferenz abgab, bekräftigte erneut die Unterstützung seines Landes für den EU-Beitrittsprozess der Türkei und fügte hinzu:
„Die Türkei hat nach von der Europäischen Kommission im letzten Jahr veröffentlichten Zahlen weltweit die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen und über 7 Milliarden Euro für deren Bedürfnisse ausgegeben.“