Syrien: Kurden protestieren gegen PYD-Diktatur in Kamischli
Erbil (nex) – Westliche Länder ignorieren Menschenrechtsverletzungen durch den syrisch-kurdischen PKK-Ableger PYD, weil sie davon ausgehen, diese Gruppe am besten für ihre Interessen instrumentalisieren zu können. Diesen Vorwurf erhob der jüngst kurzzeitig von Angehörigen der Gruppe entführte Kurdenpolitiker Ibrahim Biro, der selbst Vorsitzender des Syrisch-Kurdischen Nationalrats ist, am Mittwoch in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Anadolu.
Die PYD bekämpfe, so Biro, aktiv jede Gruppe, die sie für eine Gefahr hinsichtlich ihrer Dominanz in den syrischen Kurdengebieten halte, und sie nutze den Kampf gegen den IS als Vorwand dafür. „Sie nutzen den Kampf der internationalen Gemeinschaft gegen den IS aus, um ihre Gegner anzugreifen“, erklärte Biro. In den letzten Monaten soll die PYD vermehrt in von ihr kontrollierten Gegenden ethnische Säuberungen durchgeführt, willkürlich politische Gegner inhaftiert und lokale Anwohner zwangsrekrutiert haben.
Mehrfach habe die PYD auch Abkommen gebrochen, die mit den westlichen Partnern abgeschlossen worden seien – und Letztere hätten beide Augen zugedrückt. Der Kurdische Nationalrat, eine Koalition aus syrisch-kurdischen Parteien, die in Opposition zur PYD stehen, habe ein umfangreiches Dossier aus Dokumenten zusammengestellt, die Verletzungen von Vereinbarungen und völkerrechtlicher Konventionen vonseiten der PYD nachvollziehbar machten.
Man wolle dieses in Erbil ausländischen Diplomaten übergeben. „Wir werden zur Aggression der PYD gegen unser Volk nicht schweigen“, erklärte Biro. „Die syrischen Kurden haben nicht gegen Damaskus revoltiert, um jetzt einen neuen Diktator zu bekommen.“ Biro forderte die westlichen Mächte dazu auf, ihre Unterstützung für die PYD zu „überdenken“. Es gebe auch ausreichend syrische Peshmerga, die gegenüber dem Kurdischen Nationalrat loyal seien und auch bereit wären, den Antiterrorkampf zu unterstützen.
„Die PYD ist nicht die einzige bewaffnete Kraft in der Region“, erklärte Biro. Er kündigte an, dass die Peshmerga des Kurdischen Nationalrats in Kürze auch in Nordsyrien ihre Präsenz zeigen würden. „Wir haben aus Erfahrung gelernt“, so Biro. „Unser Volk hat sich nie auf die Seite der PYD gestellt. Sie mögen Waffen und Geld haben, aber die meisten Menschen teilen ihre Ideologie nicht. Wir haben die Tyrannei des Baath-Regimes Assads bekämpft und weisen jetzt die Tyrannei eines kurdisch-baathistischen Regimes zurück.“ Über seine Entführung erzählte Biro, dass er von Angehörigen niedriger Ränge der YPG verschleppt und sechs Stunden lang festgehalten worden sei.
Höhere Funktionäre der PYD seien nicht anwesend gewesen. Man habe ihm mit Folter und Verstümmelung gedroht und ihn aufgefordert, sich in Syrien nicht blicken zu lassen. „Ich lasse es mir aber von niemandem verbieten, in meiner Heimat zu sein“, sagte Biro. „Ich werde selbstverständlich nach Syrien gehen.“
Am Dienstag protestierten hunderte kurdische Bürger in Kamischli (Provinz al-Hasakah) gegen die, so die Einwohner, unterdrückerische Politik der PYD, wie sie sich unter anderem in der Verschleppung Biros gezeigt habe. Derzeit sollen sich anonymen Quellen zufolge noch mindestens 30 PYD-Gegner in der Gewalt des PKK-Ablegers befinden.
Assad-Opposition über syrischen PKK-Ableger: “PYD verfolgt Politik der ethnischen Säuberung”