Ein Gastbeitrag von Vugar Seidov – Sonderkorrespondent der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur AZERTAC
Die selbsternannte „Republik Arzach“ blieb ohne Vertretung in Deutschland
Gab es eine ständige Vertretung der selbsternannten „Republik Arzach in Deutschland? Am 23. Mai 2020 verbreiteten aserbaidschanische Medien die Nachricht, dass die Bundesrepublik Deutschland die illegale Vertretung der selbsernannten „Republik Arzach“ auf deutschem Boden verboten hat.
Eigentlich handelte es sich um die Aktivitäten von Harutyun Grigoryan, der sich, wie auch schon die selbsternannte „Republik Arzach“, ohne eine offizielle Akkreditierung zum „Vertreter der ständigen Vertretung der Republik Arzach“ erklärt hatte. Eine kurze Recherche kann uns dabei helfen, einige Details über die Aktivitäten von Herrn Grigoryan ans Licht zu bringen.
Er war in den sozialen Medien aktiv und hat sogar eine Fanseite für die sogenannte „Ständige Vertretung der Republik Arzach in Deutschland“ sowie weitere Fanpages erstellt. Als ich diesen Artikel schrieb, erfuhr ich, dass die blockierte Fanpage noch in der Nacht zu „Artsakh.Germany“ umbenannt wurde. Über die Suchmaschinen findet man diverse Adressen dieser Quasi-Vertretung. Des Weiteren stellte sich Herr Harutyun Grigoryan bei zahlreichen Veranstaltungen als bevollmächtigter und diplomatischer Vertreter der separatistischen „Republik Arzach (Bergkarabach)“ in Deutschland vor.
Gleichzeitig wurde die „Repräsentanz“ selbst als Nichtregierungsorganisation „European Center for Artsakh e.V.“ eingetragen, obwohl sie die deutsche liberale Gesetzgebung über die Funktionsweise von Nichtregierungsorganisationen tatsächlich verletzte.
Zum Teil ist es Herrn Grigoryan gelungen, ein Scheinbild zu schaffen, um so einige deutsche Touristen in die aserbaidschanische Region Bergkarabach, die heutzutage von armenischen Truppen besetzt ist, zu locken.
Die Touristen, die ohne die Erlaubnis von Baku die Region Bergkarabach besucht haben, landen aber automatisch auf einer schwarzen Liste des Außenministeriums der Republik Aserbaidschan. Darüber hinaus wäre Baku dazu berechtigt, gegen einige Personen, die sich auf dieser Liste befinden, ein Strafverfahren einzuleiten. Im Fall von Alexander Lapschin, einem Staatsangehörigen der Republik Israel, der im April 2011 und Oktober 2012 die Bergkarabach-Region illegal bereiste, wurde dieser auf Anfrage der aserbaidschanischen Seite von Interpol festgenommen und nach Aserbaidschan ausgeliefert.
Was ist nun mit der „Vertretung“?
In einer Stellungnahme zur selbsternannten Vertretung bekräftigte das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland, dass sie die sogenannte „Republik Arzach“ nicht anerkennt. Dementsprechend gibt es in Deutschland weder diplomatische noch konsularische Bevollmächtigte dieser selbsternannten Vertretung.
Des Weiteren verwies das Auswärtige Amt auf den Artikel 132a des Gesetzbuches, in dem festgehalten wird, dass das Führen von Titeln sowie Dienstbezeichnungen, die zum Verwechseln ähnlich sind, strafbar ist.
Der o. g. Artikel ermöglichte dem Auswärtigen Amt, eine schriftliche Ermahnung an Herrn Grigoryan zu übermitteln, in der dieser zur Einstellung seiner Scheintätigkeit für Bergkarabach aufgefordert wurde. Mit anderen Worten ließ die Bundesrepublik die Aktivitäten von Herrn Grigoryan einstellen. Zudem wurden die Fanpages auf Facebook, Twitter sowie die touristische Webseite „artsakh.de“ entweder von Grigoryan selbst gelöscht oder offiziell gesperrt.
Die Bundesrepublik Deutschland ist Vorbild für andere Länder
Die selbsternannten Vertretungen gibt es noch in Russland, Frankreich und den USA. Deutschland schuf mit dieser Entscheidung einen Präzedenzfall, in dem das Völkerecht zur Priorität erklärte wurde, anstatt einigen politischen Interessen zu folgen. Deutschland ist somit ein Paradebeispiel für die o. g. Länder, in denen die selbsternannten Vertretungen deren schmutzige Propaganda verbreiten.
Die o. g. Staaten sollten diesem Präzedenzfall bzw. Deutschlands Entscheidung folgen und bereits vor Anfrage der aserbaidschanischen Seite die Tätigkeit der mutmaßlichen Vertretungen verbieten. Des Weiteren sollte Aserbaidschan darauf bestehen, dass, statt einer der drei Co-Vorsitzenden (Russland, Frankreich und USA) der OSZE-Minsker-Gruppe, Deutschland den weiteren Verhandlungsprozess übernimmt, weil es in den Staaten der Co-Vorsitzenden eine starke armenische Lobby gibt.
Können die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Armenien den Konflikt lösen?
Seit über 25 Jahren dauert der Konflikt um Bergkarabach an. Viele Politiker sowie Diplomaten, internationale Organisationen oder einfach Wissenschaftler zerbrechen sich die Köpfe, wie man diesen Konflikt endlich lösen könnte. Auf der anderen Seite stehen bereits erwachsene Aserbaidschaner und Armenier, die sich durch die ihnen erfahrene Erziehung prinzipiell feindlich gegenüberstehen und kaum eine Möglichkeit haben, miteinander in Kontakt zu treten.
Es gibt zudem 30-jährige Aserbaidschaner aus der Karabach-Region, die das Land ihrer eigenen Vorfahren nie gesehen haben. Die simple Lösung des Konflikts wäre, dass die UN und weitere internationale Organisationen wirtschaftliche Sanktionen gegen Jerewan verhängen und die Großmächte diese Sanktionen auch strikt befolgen.
Die EU und auch die UN könnten Beschlüsse zur Beendigung der armenischen Aggression und eigenständige Wirtschaftssanktionen in Bezug auf Armenien verhängen, sofern Armenien den vorher ergangenen Anordnungen nicht nachkommt. Diesen Fall haben wir bereits in vielen Konfliktsituationen erlebt.
Ein Paradebeispiel dafür kann Russland sein: Die EU und die USA haben in diesem Fall aufgrund der Annexion der Krim-Insel politische und wirtschaftliche Sanktionen verhängt. Da Armenien wirtschaftlich schwach ist, ist es kaum möglich, dass die armenischen Truppen auch in Zukunft weiterhin aserbaidschanische Territorien besetzen und kontrollieren.
Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.
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