Start Politik Deutschland Parteispendenaffäre Bericht: Weitere Verbindungen der AfD zu millionenschweren Unterstützern

Parteispendenaffäre
Bericht: Weitere Verbindungen der AfD zu millionenschweren Unterstützern

Offiziell distanziert sich die AfD von einem Verein, der millionenschwere Wahlwerbung finanzierte. Tatsächlich offenbaren interne E-Mails, die WDR, NDR und SZ vorliegen, jedoch bisher unbekannte Verbindungen zwischen der Partei und dem Unterstützerverein.

(Foto: Screenshot/Bundestag.de)
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Köln – Offiziell distanziert sich die AfD von einem Verein, der millionenschwere Wahlwerbung finanzierte. Tatsächlich offenbaren interne E-Mails, die WDR, NDR und SZ vorliegen, jedoch bisher unbekannte Verbindungen zwischen der Partei und dem Unterstützerverein.

Öffentlich hat sich die AfD zuletzt stark distanziert vom „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“, der in den vergangenen Jahren millionenschwere Wahlkampfunterstützung für die AfD finanzierte. Denn, wenn sich eine enge Verbindung nachweisen ließe, würde sich die AfD dem Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung aussetzen.

Diesem Verdacht geht seit zwei Jahren auch die Bundestagsverwaltung nach. Recherchen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“, zeigen jetzt aber: Die Verbindung zwischen der AfD und dem mysteriösen Unterstützerverein ist deutlich enger als bisher bekannt. Eine Reihe von E-Mails, die vorliegen, legen nahe, dass Hans Hausberger, ein enger Vertrauter von Fraktionschefin Alice Weidel, im Jahr 2017 gezielt den Vereinsvorsitzenden David Bendels eingebunden hat, als es darum ging, Spender für eine parteinahe Stiftung der AfD zu suchen.

Hausberger lebt ebenfalls in Weidels Wahlkreis am Bodensee, sitzt dort inzwischen im Kreisvorstand. In der Partei gilt er als einflussreicher Strippenzieher. Am 10. Juli 2017 schreibt er an den Vertreter der geplanten AfD-Stiftung: „Hier die Mailadresse und Tel-Nr. von Bendels.“ Später wechselte die Organisationsstruktur nochmal, bevor die Stiftung als parteinahe Stiftung ausgewählt wurde.

Dass ein Vertrauter der damaligen AfD-Spitzenkandidatin Weidel bei einem strategisch und finanziell so wichtigen Parteiprojekt auf den Vereinschef Bendels verwies, zeigt, wie eng die Beziehungen zwischen beiden Organisationen damals gerade auch in grundsätzlichen Fragen waren. Hausberger räumt auf Anfrage ein, dass er Bendels kannte und vorgeschlagen habe, mit diesem eine mögliche finanzielle Unterstützung zu besprechen. Tatsächlich habe sich Anfang Oktober 2017, kurz nach der Bundestagswahl, Bendels mit einem Vertreter der geplanten AfD-Stiftung im Hotel Bayerischer Hof in München getroffen.

Bendels soll dabei die Unterstützung seiner „Investoren“ angeboten haben. Bendels selbst ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet. An früherer Stelle hat er mitgeteilt, dass er als unabhängiger Verein es sich nicht nehmen lasse, für die AfD zu werben, in der er die einzige derzeit wählbare Partei sehe. Absprachen gebe es jedoch nicht. Die geplante Stiftung brauchte 2017 ein Gründungskapital von 50.000 Euro, um sich überhaupt als Stiftung eintragen lassen zu können.

In diesem Zusammenhang hat Weidel-Vertrauter Hausberger dem Stiftungsmann auch von nicht mehr benötigten Wahlkampfspenden auf einem Konto Weidels in ihrem Wahlkreis am Bodensee berichtet. Dabei handelte es sich laut Hausberger um jenes vor kurzem bekannt gewordenen Konto, auf dem insgesamt 132.000 Euro einer kleinen Schweizer Pharmafirma eingegangen waren.

Allerdings seien von diesem Konto dann keine Gelder an die geplante Stiftung geflossen. Er habe auch nur sagen wollen, „dass das eine Möglichkeit wäre, dass man da sieht, dass also Spenden durchaus zu akquirieren seien, zumal sie Frau Weidel gar nicht gebraucht hat.“ Natürlich habe er auch überlegt, der Herkunft des Geldes nachzugehen und den Spender möglicherweise zu kontaktieren. Dies sei aber nie erfolgt. Alice Weidel teilt auf Anfrage mit, dass sie sich angesichts der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Sie „zu einzelnen Sachverhalten des betreffenden Themenkomplexes zunächst nur gegenüber den Behörden äußern werde“.

Weidel-Vertrauter Hans Hausberger hat zu dem Bendels-Verein offenbar schon länger Kontakte. In einer weiteren E-Mail im Juli 2017 schrieb er, er habe zuvor „schon mal“ für die Stiftung einen Kontakt zu Bendels hergestellt. Damals sei der Kontakt über den damaligen Bundesvorsitzenden der AfD, Konrad Adam, gelaufen. Adam hat dies auf Anfrage schon vor längerer Zeit gegenüber WDR, NDR und SZ eingeräumt. Auch der AfD-Politiker Peter Boehringer, inzwischen Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Bundestag, hatte offenbar Kontakt zum mysteriösen Unterstützerverein.

Am 12. November 2017 schrieb Boehringer eine E-Mail in Kopie an David Bendels, in der er einen späteren Mitarbeiter von Alice Weidel darum bittet, mit Bendels Kontakt aufzunehmen. Bendels, so schreibt Boehringer, stehe „an verschiedenen relevanten Stellen in direktem und indirektem Kontakt mit der AfD und anderen Gleichgesonnenen“.

Auf Anfrage bestreitet Boehringer nicht, diese Mail geschrieben zu haben. Er stellt klar, dass es sich bei der E-Mail um einen trivialen Vorgang handelt. Bendels sei ihm als Publizist bekannt gewesen und hierauf habe sich der Kontakt beschränkt. Sollte sich herausstellen, dass es zwischen Partei und Verein enge Absprachen insbesondere in finanziellen Fragen gegeben hat, könnte die Bundestagsverwaltung Sanktionen wegen illegaler Parteienfinanzierung verhängen.

Für problematisch hält die nun bekannt gewordenen Verbindungen zwischen Parteimitgliedern und dem millionenschweren Unterstützerverein auch die Düsseldorfer Parteienwissenschaftlerin Sophie Schönberger: „Das legt nahe, dass es deutlich intensivere Kontakte zwischen AFD-Funktionären und dem Unterstützerverein gibt, als beide Seiten bisher eingestanden haben. Vor dem Hintergrund scheinen die bisherigen Angaben, dass es auch hinsichtlich der Wahlwerbekampagnen keine Absprachen gegeben hat, als sehr zweifelhaft. Ich gehe davon aus, dass die Bundestagsverwaltung dies prüfen wird.“

Die AfD ging in den letzten Wochen bereits auf deutliche Distanz zum Verein für Rechtsstaatlichkeit und hat ihn jüngst sogar verklagt, weil er den Anschein einer Nähe zur Partei erwecke. Auch der Verein hat immer wieder betont, dass er unabhängig von der Partei agiere. Alle deutschen Parteien sind mit sogenannten „parteinahen“ Stiftungen verbunden. Im Fall der CDU ist dies zum Beispiel die Konrad-Adenauer-Stiftung. Diese Stiftungen werben für die Weltsicht der Partei oder bilden Nachwuchskräfte aus.

Die Stiftungen sind auch finanziell interessant, weil sie staatliche Zuschüsse erhalten. Sie dürfen aber nicht zu nah mit den Parteien verbunden sein. Der Aufbau einer parteinahen Stiftung hatte im Sommer 2017 eine große Bedeutung für die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und ihr Umfeld. Weidel kannte dem Mailverlauf zufolge offenbar potenzielle Geldgeber. Ihr Vertrauter Hausberger schrieb am 4. Juli 2017 in einer E-Mail an den Vertreter der geplanten Stiftung: „Alice sagte mir eben zu, ein paar Spender an der Hand zu haben, die nicht direkt an die Partei spenden wollen.“

Hausberger sagte dazu auf Anfrage, er hätte Alice Weidel um Hilfe bei der Suche nach Geldern für die Stiftung gebeten. Allerdings seien diese Überlegungen gescheitert. Just zur gleichen Zeit flossen auch die Gelder des anonymen Großspenders aus der Schweiz auf das Konto von Weidels Kreisverband am Bodensee. Doch diesen Spender, so versichert Weidel, kannte sie nicht.