Baku (nex) – Zwischen den Streitkräften der abtrünnigen Region Berg-Karabach und Aserbaidschan ist es zur bislang schwersten Eskalation von Kampfhandlungen seit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandes im Jahr 1994 gekommen.
Die Zusammenstöße, die Dutzende Soldaten und ein 12-jähriges Kind das Leben kosteten, das zusammen mit zwei weiteren Kindern, die verletzt wurden, ins Sperrfeuer geraten sein soll, sollen Medienberichten zufolge über Nacht zum Samstag entbrannt sein. Beide Seiten geben einander wechselseitig die Schuld an der Eskalation. Die Kampfhandlungen fanden an der Frontlinie zur Region Berg-Karabach vor, die von proarmenischen Separatisten kontrolliert wird, die ihrerseits von Jerewan unterstützt werden.
Aserbaidschan wirft Armenien vor, während des 1992 eskalierten Bürgerkrieges in der Region Massaker an der aserbaidschanischen Zivilbevölkerung verübt und eine massenhafte Vertreibung von Aserbaidschanern unterstützt zu haben. Etwa 20 Prozent des aserbaidschanischen Territoriums werde seither von proarmenischen Freischärlern kontrolliert, heißt es aus Baku. Die Russische Föderation, die als Verbündeter Armeniens gilt, hat zu einem sofortigen Waffenstillstand aufgerufen.
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Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium erklärte, armenische Kräfte hätten einen Mi-24-Helikopter abgeschossen und damit die Kampfhandlungen ausgelöst. Aserbaidschans Streitkräfte hätten zwei strategische Hügel und ein Dorf unter ihre Kontrolle gebracht. Es sei gelungen, sechs armenische Panzer, 15 Artilleriepositionen und technische Unterstützungseinrichtungen zu zerstören.
Ein aserbaidschanischer Panzer sei durch eine Landmine aufgehalten worden. Armeniens Verteidigungsministerium spricht von einem massiven aserbaidschanischen Angriff mit Panzern, Artillerie und Helikoptern. Aus den Reigen der Separatisten heißt es, man habe zwei aserbaidschanische Helikopter vom Himmel geholt. Es sei auf Grund der massiven Gegenbewegung der „Karabach-Armee“ gelungen, die aserbaidschanischen Kräfte wieder zurückzudrängen. Aus Aserbaidschan heißt es hingegen, die Streitkräfte hätten lediglich auf großkalibrigen Artilleriebeschuss und Granatwerferfeuer reagiert. Die Kämpfe würden nach wie vor anhalten.
Beide Seiten werden durch eine demilitarisierte Zone voneinander getrennt, klagen jedoch regelmäßig über vermeintliche oder tatsächliche Verstöße der jeweils anderen Seite gegen die Waffenruhe. Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, hat alle Seiten dazu aufgerufen, die Gewalt zu beenden und „Zurückhaltung zu üben“.
Moskaus Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat sich in Dringlichkeitstelefonaten zum Zwecke der Deeskalation an seine Amtskollegen in Aserbaidschan und Armenien, Zakir Hasanov und Seyran Ohanyan, gewandt. Der nach Ende der Sowjetunion aufgeflammte Konflikt hat bisher 30 000 Todesopfer gefordert, 700 000 Aserbaidschaner und 300 000 Armenier sollen vertrieben worden sein.