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Risiko-Gebiet Türkei: „Politische Entscheidung“

Kommentar: "Die Kriterien zur Einstufung als Risikogebiet sind weder schlüssig noch nachvollziehbar, weil es sich meines Erachtens dabei um intransparente und subjektive Kriterien handelt. Eine Einstufung der Türkei als Corona-Risikogebiet beruht nicht auf wissenschaftlichen Kriterien, sondern ist eine politische Entscheidung der Bundesregierung,"

Ilica bei Izmir (Archivfoto: nex24)
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Ein Gastbeitrag von Kemal Bölge – kboelge@web.de

Am heutigen Dienstag (17. Juni) hat die Bundesregierung die Türkei und 130 weitere Staaten als Corona-Risikogebiet eingestuft und eine entsprechende Reisewarnung ausgegeben, die bis 31. August 2020 gelten soll.

Zum besseren Verständnis sollen die aktuellen Infektionszahlen in der Türkei und Deutschland aufgelistet werden.

Nach Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es in der Türkei bis einschließlich 17. Juni dieses Jahres 181.298 bestätigte Infektionen, 4.842 Todesopfer und 1.467 neue Verdachtsfälle.

Das türkische Gesundheitsministerium hat auf seiner Website aktuellere Zahlen und gibt die Zahl der bestätigten Infektionen mit 182.727 und die von Covid-19 Verstorbenen mit 4.861 an. Die Zahl der neuen Verdachtsfälle wird mit 1.429 angegeben. Die Zahlenunterschiede beruhen wahrscheinlich auf den Uhrzeiten, wann die Informationen veröffentlicht wurden.

Zum Vergleich hier die Infektionszahlen in Deutschland. Auf der Homepage der Bundesregierung, die sich auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts in Berlin beruft, haben sich in Deutschland 187.184 Menschen mit dem Covid-19 Virus infiziert, 8.830 Menschen sind verstorben sowie 345 Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag. Das sind laut der Website der Bundesregierung Zahlen vom 17.6.2020, 00:00 Uhr.

Was im Vergleich beider Länder auffällt, ist die Anzahl der durch Covid-19 verstorbenen in Deutschland fast doppelt so hoch ist wie in der Türkei. Die Türkei hat von der Bevölkerungszahl her betrachtet wie Deutschland etwa 83 Millionen Einwohner, hat aber im Vergleich zu Deutschland eine relativ junge Bevölkerung.

Das könnte vielleicht erklären, warum nach jetzigem Stand in Deutschland eine höhere Todeszahl durch Covid-19 zu beklagen ist als in der Türkei. Jetzt komme ich auf die von der Bundesregierung ausgesprochene Reisewarnung bezüglich der Türkei zu sprechen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung richtet sich die Einstufung als Risikogebiet nach der Anzahl der Neuinfektionen.

Wenn bei 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche mehr als 50 Neuinfektionen auftreten, gelte dieses Land als Corona-Risikogebiet, so die SZ. Allerdings könne ein Land auch mit niedrigeren Infektionszahlen zum Risikogebiet erklärt werden, wenn etwa „mangelnde Testkapazitäten oder unzureichende Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie“ vorliege. Ein anderes Kriterium seien „verlässliche Informationen aus bestimmten Staaten“.

Die Kriterien zur Einstufung als Risikogebiet sind weder schlüssig noch nachvollziehbar, weil es sich meines Erachtens dabei um intransparente und subjektive Kriterien handelt. Eine Einstufung der Türkei als Corona-Risikogebiet beruht nicht auf wissenschaftlichen Kriterien, sondern ist eine politische Entscheidung der Bundesregierung, um der Türkei im Tourismussektor wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.

Die Regierung von Präsident Erdogan sowie Gesundheitsminister Fahrettin Koca haben seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und durch die Ratschläge des Wissenschaftsrats Covid-19 strenge Maßnahmen gegen die Ausbreitung des gefährlichen Virus ergriffen. Die Regelungen der türkischen Regierung wurden sogar von internationalen Pandemie-Forschern und auch der Weltgesundheitsorganisation gelobt. Ankara hatte zur Bekämpfung der Pandemie weltweit über 50 Ländern medizinische Güter zukommen lassen.


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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