Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel
„The Turkish Passport“, erzählt die Geschichte von Diplomaten der türkischen Botschaft und Konsulate in einigen europäischen Ländern, welche zahlreiche Juden während des 2. Weltkrieges gerettet haben. Ob sie sie aus den Lagern rausgebracht hatten oder von den Zügen, welche sie in die Konzentrationslager bringen sollten, retteten, die Diplomaten stellten sicher, dass Juden mit türkischer Staatsbürgerschaft oder anderen Ländern in die Türkei überführt wurden.
Außer den Aussagen von Augenzeugen verwendeten die Macher von „The Turkish Passport“ auch schriftliche historische Dokumente und Archivmaterial aus europäischen und türkischen Archiven, um die Geschichte der Rettung von Juden zu erzählen und um Licht in die Ereignisse der damaligen Zeit zu bringen.
Die Diplomaten retteten nicht nur das Leben der türkischen Juden. Sie retteten auch zahlreiche ausländische Juden, die zum Tode verurteilt waren, indem sie ihnen türkische Reisepässe gaben. In dieser dunklen Ära der Geschichte, erleuchteten die Taten der Diplomaten den sicheren Weg in die Türkei. In Interviews, welche mit überlebenden Juden gemacht wurden und Gesprächen mit Diplomaten oder ihrer Familienangehörigen, die das Leben dieser Juden retteten, zeigt dieser Film, dass „solange Menschen bereit sind zu handeln, das Böse nicht siegen kann.“
Der Film zeigt zunächst wie alles mit antisemitischer Propaganda begann. Während der Besetzung Europas breitete sich der Nationalsozialismus aus. Juden waren an öffentlichen Plätzen plötzlich nicht mehr erlaubt, sie waren gezwungen, einen Stern und einen „jüdischen“ Stempel zu tragen, was später ihr Schicksal in Konzentrationslagern besiegelte. Jeden Tag wurden die Juden aus ihren Häusern und von den Straßen abgeholt und in Konzentrationslager gebracht, wo sie gegen Kälte und Hunger kämpften und diejenigen, die diese Torturen überlebten, dann in die Gaskammern geschickt wurden.
Vor diesem Hintergrund der Barbarei, versuchten türkische Diplomaten während ihres Dienstes in den europäischen Botschaften, Möglichkeiten zu finden, um diesen Menschen zu helfen. Wege zu finden, ein Funken Hoffnung bei den jüdischen Bürgern Europas zu erwecken. Nicht wenige türkische Juden die mittlerweile europäische Staatsbürgerschaften erlangt hatten, wurden festgehalten, in Lager gesteckt und für den Abtransport in die KZs gesammelt. In dieser Phase versuchten türkische Diplomaten, mit ihren Kontakten Juden zu befreien, in dem Sie vorgaben, türkische Juden zu sein. In Folge der erfolgreichen Versuche wurde jedoch die Unterdrückung und Verfolgung durch die Nazis verschärft. Diplomaten berichteten von immer schwereren Bedingungen und Schikanen, bis hin zu Verhaftungen von Juden und Türken mit regulären türkischen Pässen. Während dieser Zeit erhielten sehr viele Juden türkische Pässe und konnten so auf eigene Faust oder mithilfe der von den Diplomaten bereitgestellten Züge Europa verlassen. Insgesamt konnten so 12 Züge nach Istanbul organisiert und auf die Reise geschickt werden. Hier einige Aussagen von Augenzeugen dieser Zeit:
Louise Behar, die diese Ereignisse miterlebt hat:
Da wir den gelben Stern nicht trugen, konnten wir durch die Straßen ziehen. Dies erlaubte mir, die jüdischen Kindern, deren Mütter und Väter in Lager gechickt wurden, sie in Kinderschutzzentren zu bringen.
In den Worten von Arlette Bules, einer Augenzeugin:
Mein Vater war von den Deutschen verhaftet und in das Internierungslager Drancy gebracht worden. Meine Mutter ging sofort in die türkische Botschaft und bat um Hilfe und Rettung meines Vaters. Dank der Briefe durch den Botschafter, wurde mein Vater aus dem Lager entlassen.
Augenzeuge Albert Carel:
Ich glaube, gegen Ende 1943, erhielt unsere Familie Informationen, dass die Botschaft unsere Sicherheit in Frankreich nicht mehr garantieren können und uns in die Türkei schicken wolle. Fünf Wochen später schlossen wir uns einem Konvoi an und erreichten die Türkei.
Jüdische Bürger und Juden, die Dokumente hatten wonach sie die Staatsbürgerschaft beantragt hatten, kamen am Ende einer 11-tägigen Reise der Hoffnung mit den Zügen in der Türkei an, die von der Botschaft zur Verfügung gestellt wurde. Für sie bedeutete es die Rettung vom Holocaust und die Wiedergeburt.
Bella Lustyk:
Meine Mutter und mein Vater hatte uns nie gesagt, das Sie Juden oder Türken sind. Ich war sehr erschrocken. Ich kann mich noch daran erinnern, unsere Bahn, die 5 Wagons hatte, hielt in Sofia an. Alles brannte lichterloh. Wir verbrachten einen Tag und eine Nacht dort. Keiner von uns wusste, was mit uns geschehen würde. Die Menschen, die für uns verantwortlich waren sagten, sie sind Deutsche wir Türken. Auf diese Weise konnten wir unsere Reise fortsetzen.
Ida Kohen erzählt:
Alle Orte, die wir während unserer Reise passierten waren dunkel, kalt, neblig und grau. Als wir am Ende unserer Reise in Istanbul ankamen, sah ich ein helles Licht.
Albert Barbouth erinnert sich:
Ich war in der Türkei wiedergeboren, als wir am 24. April 1944 in Istanbul ankamen. Ich bin Türke und Franzose. Nicht Franzose und Türke.
Bella Lustyk erzählt:
Rückblickend war es eine erstaunliche Sache. Unglaubliches Glück. Ich danke dir tausendmal. Dank Ihnen, habe ich diese Dokumente überlebt. Und niemand wird jemals sagen können, dass diese Ereignisse nicht stattgefunden haben. Ich wünsche Ihnen einen Platz im Buch der Wahrheiten, weil die Türkei das verdient hat.
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