Nordrhein-Westfalens Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ist wegen der Vergabe des Grundschul-Projekts „Mobile Digitalwerkstatt“ an eine parteinahe Unternehmerin weiter in Bedrängnis geraten. Wie aus einem internen Vermerk des Schulministeriums hervorgeht, hat Gebauer den Landtag möglicherweise nicht korrekt über die EU-weite Ausschreibungspflicht bei der Vergabe unterrichtet. Der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) liegt dieser interne Vermerk vor.
Der Auftrag für einen Labor-Truck, der seit Januar NRW-Grundschulen in allen 53 Schulamtsbezirken anrollt, war im vergangenen Jahr ohne Ausschreibung an die Haba Digital GmbH vergeben worden. Geschäftsführerin der Firma ist Verena Pausder, die dem Wirtschaftsforum der FDP angehört. Laut Bundestagsdrucksache 18/13502 hat Pausder der FDP am 10. August 2017 eine Spende über 50.100 Euro überwiesen, die ordnungsgemäß angezeigt wurde.
Dem Vermerk zufolge ist Gebauers Staatssekretär Mathias Richter (FDP) am 10. Oktober 2018 darüber informiert worden, dass der Schwellenwert von 750.000 Euro für eine EU-weite Ausschreibungspflicht bei der „Mobilen Digitalwerkstatt“ vergaberechtlich als „erreicht bzw. überschritten“ betrachtet werden müsse. Die Kosten im ersten Vertragsjahr mit Haba Digital blieben zwar mit 600.000 Euro zunächst unter diesem Schwellenwert, doch sei die Möglichkeit des Ministeriums zur späteren Leistungserweiterung zu beachten.
Gebauer hatte in einer Vorlage für den Schulausschuss des Landtags am 11. März erklärt, das Auftragsvolumen von zunächst 600.000 Euro habe keine Ausschreibungspflicht ausgelöst: „Lediglich bei einer Verlängerung des Leistungsabrufs über ein Jahr hinaus käme es zu einer Überschreitung des vergaberechtlichen Schwellenwertes. In diesem Fall wäre bei einem bestehenden Wettbewerbsmarkt eine Ausschreibung erforderlich.“
Zudem hatte Gebauer die Direktvergabe des Projekts an die parteinahe Unternehmerin damit begründet, dass Haba Digital bei einer Markterkundung als „der einzige in Frage kommende Anbieter“ für die gewünschte flexible Komplettlösung gefunden worden sei. Laut EU-Richtlinie für öffentliche Auftragsvergaben hätte das Schulministerium nachweisen müssen, dass europaweit kein einziger anderer Anbieter die Leistung erbringen kann. Im internen Vermerk ist jedoch bloß die Rede davon, dass dem Ministerium „kein anderes Unternehmen am Markt bekannt“ sei. Zudem wurde von Deutschland auf ganz Europa geschlossen: „Da schon bundesweit kein weiterer Wettbewerber erkennbar ist, spricht wenig bis gar nichts dafür, dass es europaweit ein auf die Anforderungen passendes Angebot gibt.“
Wie aus weiteren internen Unterlagen des Ministeriums hervorgeht, versuchte bereits Anfang Januar die Geschäftsführerin des konkurrierenden Münchner Digitalbus-Anbieters „Digital2School“, Christiane Winter, einen Gesprächstermin bei Schulministerium Gebauer zu bekommen. Winter hatte NRW im Kurznachrichtendienst Twitter eine „Digitalbus-Kopie“ vorgeworfen.