Berlin (dts) – Ein deutscher IS-Rückkehrer hat sich in einem Gespräch mit einem Team von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ von der Terrormiliz distanziert. Der sogenannte „Islamische Staat“ habe nichts mit dem Islam zu tun, so der Wolfsburger. Gefängnis in Deutschland sei ihm „lieber als Freiheit in Syrien“.
Der 26-jährige Mann gehört zu einer Gruppe von mindestens 20 jungen Männern aus Wolfsburg, die sich seit 2013 der Terrororganisation „Islamischer Staat“ angeschlossen haben sollen. Mindestens sieben seien bereits im Irak oder in Syrien gestorben, schreiben die drei Medien. Der 26-Jährige sei im September 2014 – nach drei Monaten beim IS – nach Deutschland zurückgekehrt und im November verhaftet worden. Seitdem sitze er in einem niedersächsischen Gefängnis. In dem Interview sprach der Mann unter anderem über Gräueltaten des IS. Wer in Verdacht gerate, ein Spion zu sein, werde man „abgeschlachtet“. Er selbst sei kurzfristig verdächtigt worden. Mit anderen sei er in eine blutverschmierte Zelle gesperrt worden. Einer von ihnen sei brutal hingerichtet, seine Leiche mit abgetrenntem Kopf vor ihnen in den Raum gelegt worden. Die Bundesanwaltschaft hat im Mai Anklage gegen den 26-Jährigen „wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ erhoben, schreiben NDR, WDR und SZ. Sie gehe auch davon aus, dass er vom IS als Selbstmordattentäter eingesetzt werden sollte. Im August soll ihm vor dem Oberlandesgericht Celle der Prozess gemacht werden.
Er sei einer von etwa 260 IS-Rückkehrern aus Syrien und dem Irak. Nach der Verhaftung habe er seine Kooperation angeboten. Bislang sind etwa 700 deutsche Islamisten in den Krieg ausgereist. Die Behörden gehen davon aus, dass mittlerweile mehr als neunzig von ihnen gestorben sind. Die öffentliche Distanzierung vom IS des 26-Jährigen bewertet der Terrorismus-Experte Peter Neumann, Professor am Londoner King`s College, als „ganz wichtig“: „Wir haben in Europa lange Zeit darauf gewartet, dass es solche Leute gibt.“ Er hoffe, dass dieses Beispiel andere dazu bewege, ihm nachzufolgen. Sie könnten den Mythos zerstören, den der IS verbreite – alle, die dort hingingen seien „unglaublich glücklich, entschlossen und motiviert“. „Wenn es gelingt, durch solche Aussteiger auch nur fünf oder zehn Prozent Zweifel zu säen, dann könnte man möglicherweise viele Leute davon abhalten, nach Syrien zu gehen“, so Neumann.