Berlin (dts) – Bundeskartellamtschef Andreas Mundt hat vor Vermachtungstendenzen in der Digitalökonomie gewarnt. „Aufgrund der Netzwerkeffekte gibt es sicher eine Tendenz zu großen, vielleicht auch manchmal marktbeherrschenden Unternehmen“, sagte Mundt in einem Interview der „Welt am Sonntag“. Der Kartellamtschef wies Vorwürfe zurück, die Wettbewerbsbehörden würden zu lasch gegen die Marktmacht US-IT-Konzerne vorgehen.
„Wenn Sie Amazon, die Hotelbuchungsplattformen, weitere Verfahren auf nationaler wie auf europäische Ebene und das Google-Verfahren auf europäischer Ebene nehmen, wird ein Schuh daraus“, sagte Mundt. Man könne kritisieren, dass das die Verfahren zum Teil zu lange dauern. „Aber in der Summe sind die Wettbewerbsbehörden in Europa bei dem Thema aktiv.“ Mundt sieht den Ball vor allem im Feld der Politik liegen. Die Regulierung von Digitalkonzernen könne man nicht allein mit dem Wettbewerbsrecht lösen. „Hier fehlt es an grundsätzlichen rechtlichen Rahmenbedingungen“, sagte Mundt. „Die Politik steht vor einer ungemein schweren Aufgabe. Durch das Aufkommen neuer Digitalunternehmen wird sie an einigen Stellen mehr, an anderen weniger regulieren müssen, und das bedeutet immer auch den Abbau von Besitzständen.“ Die Wettbewerbsbehörden stünden vor dem Problem, mit der rasanten Geschwindigkeit der Digitalkonzerne Schritt zu halten, gleichzeitig aber gerichtsfeste Urteile vorlegen zu müssen. „Da könnten uns unter Umständen auch genauere Definitionen an der einen oder anderen Stelle im Gesetz helfen“, sagte Mundt. Das Bundeskartellamt würde sich aber auf die neue Zeit einstellen, wie die erlaubte Fusion von Immonet mit Immowelt zeige. „Wir haben diese Fusion zugelassen, obwohl sich damit die Zahl der großen Wettbewerber im Markt von drei auf zwei reduziert hat. Ich weiß nicht, ob wir so einen Zusammenschluss in der Offline-Welt freigegeben hätten“, sagte Mundt. In der Online-Welt könnten aber weniger Wettbewerber unter Umständen auch zu mehr Wettbewerb führen.