Zürich (nex) – Nachdem pöbelnde Neonazis die Social-Media-Auftritte des österreichischen Einzelhandelsriesen SPAR wegen deren Angebots von Halal-zertifiziertem Fleisch heimgesucht und Mitarbeiter bedroht hatten, macht seit einigen Tagen auch der Schweizer Schokoladenhersteller Lindt Bekanntschaft mit einem aggressiven Shitstorm aus Kreisen besorgter Bürger.
Stein des Anstoßes ist ein mit einem orientalischen Motiv ausgestatteter Adventskalender der Firma. Nachdem der Kalender zuvor bereits über zehn Jahre hinweg in der Vorweihnachtszeit im Handel angeboten wurde, meinen „Islamkritiker“ nun, in dem Palast, der auf der Vorderseite des Kalenders abgebildet ist, eine „Moschee“ zu erkennen. Das Einzige, was der Palast, auf dem sich keinerlei islamische Schriftzeichen befinden, mit einer Moschee gemein hat, ist allerdings, dass dieser in einem orientalischen Baustil gehalten ist wie die meisten Gotteshäuser der muslimischen Welt auch.
Lindt bemühte sich auch mit viel Geduld, den Protagonisten des braunen Shitstorms zu erklären, dass sich die Weihnachtsgeschichte nicht etwa in der Gegend des heutigen Wanne-Eickel, sondern im Orient abgespielt hat und es von daher gar nicht so unsachgemäß erscheinen müsse, diese in ein Ambiente einzuarbeiten, das jenem der damaligen Zeit durchaus entsprochen haben könnte.
Das Motiv zeigt durchaus Anklänge an die Weihnachtsgeschichte, etwa einen Kometen, die Heiligen Drei Könige und eine Frau auf einem Esel, der von einem Mann geführt wird. „Der Adventskalender 1001 Nacht ist seit über zehn Jahren ein Lindt Klassiker an Weihnachten“, erklärt das Unternehmen auf Facebook. „Die Verpackung stellt eine Visualisierung der damaligen lokalen Lebensumstände dar. Dazu gehört auch Architektur und Kultur, wie diese in der orientalischen Welt zu Christi Geburt gewesen sein könnte.“ Diese Zusicherung ließen die Rechtsextremisten nicht gelten und überschwemmten die Seite weiter mit rassistischen Kommentaren.
Mittlerweile haben die Ultranationalisten es auch erreicht, dass der Kalender teilweise nicht mehr gekauft werden kann – allerdings aus einem Grund, der ihnen wenig behagen dürfte:
Der Kalender ist inzwischen sowohl beim Hersteller als auch in den Onlineshops ausverkauft. „Respekt und Toleranz, unabhängig von Geschlecht, Religion, politischer Auffassung und sonstigen Überzeugungen dienen bei Lindt & Sprüngli als Basis jeden Handelns“, erklärte das Unternehmen angesichts der rechten Pöbeleien.
„Selbstverständlich respektieren wir daher auch den kulturellen Hintergrund des Weihnachtsfestes.“ Mittlerweile mehren sich die Kommentare von Social-Media-Usern, die Lindt & Sprüngli ersuchen, den Kalender möglichst schnell wieder verfügbar zu machen, da sie dieses nun demonstrativ erwerben wollen.