Berlin – In Afghanistan leiden heute mehr als doppelt so viele Menschen unter extremem Hunger als noch vor drei Jahren. Ihre Zahl stieg von 2,5 Millionen im Jahr 2019 auf 6,6 Millionen 2022.
Grundlage der aktuellen Erhebung von Save the Children ist die „Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC), die in fünf Stufen das Ausmaß und die Schwere von Unterernährung und Hunger bewertet. Betrachtet wurden jene acht Länder, in denen die höchsten IPC-Stufen 4 (akute Notsituation) und 5 (Hungersnot) galten. Das erschreckende Ergebnis: Die Zahl der in diesen Staaten insgesamt betroffenen Menschen stieg um fast 57 Prozent – von 16,1 Millionen im Jahr 2019 auf 25,3 Millionen 2022. Auf Afghanistan, wo der Zuwachs am größten war, folgen der Jemen, die Demokratische Republik Kongo, der Sudan und der Südsudan, Somalia sowie die Zentralafrikanische Republik.
In Afghanistan sind Hilfsorganisationen nach dem Arbeitsverbot für Frauen derzeit gezwungen, ihre lebensrettende Arbeit auszusetzen. „Wir sind sehr besorgt“, sagt Nora Hassanien, stellvertretende Länderdirektorin von Save the Children in Afghanistan. „Von Hunger geschwächte Kinder sind anfälliger für lebensbedrohliche Krankheiten wie Cholera und können sich nicht mehr konzentrieren und lernen. Immer mehr Kinder müssen arbeiten oder werden frühverheiratet, um das Überleben der Familie zu sichern. Ohne unsere Kolleginnen ist es unmöglich, auf diese wachsende Not zu reagieren – vor allem, wenn es um Hilfe für Mädchen und Frauen geht.“
Auch global haben Hunger und Mangelernährung kaum gekannte Ausmaße erreicht – befeuert durch Konflikte, die Klimakrise, die Corona-Pandemie, steigende Preise und zuletzt die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine. Nach Schätzungen des Welternährungsprogramms waren Ende 2022 weltweit 345 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen und bis zu 60 Millionen Kinder unter fünf Jahren akut mangelernährt.
„Humanitäre Organisationen schlagen seit Monaten Alarm, doch die internationale Gemeinschaft handelt nicht. Diese Untätigkeit hat bereits zum Tod unzähliger Kinder und ihrer Angehörigen geführt“, beklagt Alexandra Saieh, Leiterin Humanitarian Policy & Advocacy bei Save the Children. „Wenn Regierungen weiter wegschauen, werden noch mehr Menschen sterben. Die Staatengemeinschaft muss sofort Mittel für Nothilfe in den betroffenen Ländern bereitstellen. Und sie muss in langfristige, vorausschauende Maßnahmen investieren, damit es weiteren Ländern nicht genauso geht.“