Paris (nex) – Bei einem Brand in einem Flüchtlingscamp nahe der am Ärmelkanal gelegenen französischen Stadt Calais wurden am späten Freitagabend, wenige Stunden nach Bekanntwerden der Terroranschläge in Paris, etwa 40 Unterkünfte zerstört.
Das Feuer brach im vorwiegend von sudanesischen Flüchtlingen bewohnten Bereich des so genannten „Dschungels“ aus. Die in Calais untergebrachten Schutzsuchenden warten auf eine Ausreise nach Großbritannien. Mitarbeiter von Flüchtlingshilfsorganisationen teilten erste Aufnahmen von den brennenden Unterkünften um etwa 23 Uhr. Auch eine vor Ort aktive rechtsextreme Gruppe namens „Die Wütenden von Calais“ stellte Videos, die den Brand zeigten, auf Facebook.
Das Feuer sei, so Helfer, „absolut massiv“ gewesen, sodass die Möglichkeit im Raum steht, dass es sich um einen absichtlich herbeigeführten Brand handeln könnte. In dem Camp sind etwa 6000 Flüchtlinge untergebracht. Wie mit der Situation im Lager vertraute Personen betonen, sind die meisten der Bewohner des „Dschungels“ auf der Flucht vor der Terrormiliz IS. Die Aufnahmen und der Zeitpunkt der Tat nährten Spekulationen, wonach ein Brandanschlag als Racheakt für die Anschläge in der Hauptstadt verübt worden sein könnte. Es könnte aber auch einen Zusammenhang mit den Ereignissen der letzten Woche geben, als es nach einem rechtsextremen Aufmarsch am letzten Sonntag, im Zuge dessen ein Koran verbrannt worden war, immer wieder zu Protesten gekommen war, die in Zusammenstöße mit Sicherheitskräften mündete. Dabei sollen 27 Beamte leicht verletzt worden sein. Auch seit der Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen rund um das Lager, inklusive der Errichtung eines etwa fünf Meter hohen, mit Stacheldraht versehenen Sicherheitszaunes, war es vermehrt zu Unruhen gekommen.
Die Vereinigung „No Borders“ macht nun der örtlichen Verwaltung Vorwürfe, weil diese einen rechtsextremen Aufmarsch zugelassen hatte, im Zuge dessen es zur Aufstachelung zum Rassenhass, zu Morddrohungen und zu einer Koranverbrennung gekommen sei. „Am Abend griffen fünf mit Kapuzenjacken bekleidete Neonazis nahe dem Eurotunnel Flüchtlinge an. Diese Ereignisse machten viele Bewohner des ‚Dschungels‘ verständlicherweise sehr wütend und wir denken, dies war der Grund für die Krawalle“, heißt es in einem Statement.
Die Bürgermeisterin von Calais, Nathacha Bouchart, machte das „großzügige“ Sozialsystem und die „Schwarzmarktökonomie“ in Großbritannien für die Situation in ihrer Stadt verantwortlich. Diese würden Einwanderungswillige geradezu magisch anziehen und es diesen meist ohne Ausweis kommenden Personen, außerhalb der regulären Ökonomie Arbeit zu finden. „Calais ist eine Geisel der Briten“, so Buchart. Bereits mehrfach hatte es Durchbruchsversuche der Flüchtlinge durch den Eurotunnel gegeben. Auch versuchten die Einwanderer, sich in Lkws zu schmuggeln, die sich auf der Durchreise in Richtung England befinden. Zeitweise herrschen Beobachtern zufolge in Calais „gesetzlose“ Zustände.