Start Politik Ausland Türkei Oppositionspolitiker Selçuk Özdağ: Abschiebung wäre „Schande gegenüber Uiguren“

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Oppositionspolitiker Selçuk Özdağ: Abschiebung wäre „Schande gegenüber Uiguren“

Selçuk Özdağ, Vizechef der oppositionellen Zukunftspartei (Gelecek Partisi), hat Präsident Recep Tayyip Erdogan aufgefordert, das Auslieferungsabkommen mit China zu annullieren. Eine Ratifizierung eines solchen Abkommens sei eine "Schande gegenüber den Uiguren", so Özdağ.

(Screenshot/Twitter)
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Istanbul – Selçuk Özdağ, Vizechef der oppositionellen Zukunftspartei (Gelecek Partisi), hat Präsident Recep Tayyip Erdogan aufgefordert, das Auslieferungsabkommen mit China zu annullieren. Eine Ratifizierung eines solchen Abkommens sei eine „Schande gegenüber den Uiguren“, so Özdağ. Peking müsse unabhängigen Beobachtern erlauben, Berichte über Menschenrechtsverletzungen in der autonomen Region Xinjiang zu untersuchen.

Chinas Verfolgung der uigurischen Minderheit in Xinjiang ist in den letzten Jahren eskaliert und kommt nach Ansicht von Experten einem kulturellen Völkermord gleich. Man geht davon aus, dass mehr als eine Million Menschen in Internierungslagern festgehalten werden, und es gibt immer mehr Beweise für Umerziehungsprogramme, Einschränkungen religiöser und kultureller Überzeugungen, Zwangsarbeitsprogramme, Massenüberwachung und Zwangssterilisation von Frauen.

China streitet die Vorwürfe vehement ab

China streitet die Vorwürfe vehement ab und sagt, die Politik diene dazu, den Terrorismus zu bekämpfen und die Armut zu lindern. Offizielle Stellen weisen regelmäßig alle Berichte über Missstände als Erfindungen zurück.

„Wenn das, was in Ostturkestan geschieht, eine Lüge ist, wollen wir es mit unseren eigenen Augen sehen, mit unseren eigenen Ohren hören und in unseren eigenen Herzen wissen“, zitiert Radio Free Asia (RFA) Özdağ weiter.

„In meiner Rolle als Vorsitzender der Zukunftspartei möchte ich, zusammen mit den Führern aller Parteien im Parlament, die Moscheen in Ostturkestan besuchen, um zu sehen, ob es dort Lager gibt. Wir wollen die Namen der Vermissten, einen nach dem anderen, damit die Türkische Republik sie untersuchen kann.“

(Screenshot/Twitter)S

Obwohl das türkische Parlament das 2017 unterzeichnete bilaterale Abkommen noch nicht ratifiziert hat, hat es bei der großen uigurischen Diaspora (schätzungsweise 50.000 Personen), die sich in der Türkei aufhält, bereits Bedenken ausgelöst. Ankara hat lange Zeit uigurische und türkische Muslime, die aus China flohen, willkommen geheißen, doch Rechtsgruppen befürchten, dass der Vertrag sie gefährden wird. Oppositionspolitiker in der Türkei haben angekündigt, die Ratifizierung im eigenen Parlament blockieren zu wollen, da sie befürchten, dass Uiguren, die gewaltsam nach China zurückgeschickt werden, mit politischer Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen rechnen müssen, weil sie friedlich ihre Meinung äußern.

Klauseln, die Straftaten im Abkommen mit China definieren, seien mehrdeutig und unklar, sagte Yurter Özcan, ein Vertreter der oppositionellen Republikanischen Volkspartei der Türkei (CHP) in den USA gegenüber Radio Free Asia (RFA), und betonte, seine Partei „respektiere die Meinungsfreiheit“.

„Kleinere Meinungsverschiedenheiten – zum Beispiel Kritik an Chinas Staatssystem – werden von China als Verbrechen eingestuft, und dieses Abkommen könnte leider zur Abschiebung von Uiguren führen, die sich [Chinas Politik] widersetzen und sich zur Unterdrückung der Uiguren in Ostturkestan geäußert haben“, so Özcan und bezog sich dabei auf Xinjiang, den Namen, den viele Uiguren für ihre historische Heimat bevorzugen.

„Dies ist eine große Ungerechtigkeit, und wir werden in der Republikanischen Volkspartei hart daran arbeiten, dass dieses Abkommen nicht von der Nationalversammlung ratifiziert wird“, betonte Özcan.

Uiguren sind eine turksprachige Ethnie

Uiguren sind eine turksprachige Ethnie, die ihren Siedlungsschwerpunkt im Gebiet des ehemaligen Turkestans hat, insbesondere im heutigen chinesischen Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang. Die Uiguren gehören nahezu alle der Glaubensgemeinschaft des Islam an.