Dortmund (nex/tp) – Eine Erklärung des marokkanischen Schriftstellers, Referenten, Politikwissenschaftlers, Neurologen sowie Psychiaters Mimoun Azizi erschütterte vergangene Woche das soziale Netzwerk Facebook und rief erstaunen wie raunen hervor.
Unter dem Titel “Der neue Faschismus: Islamkritik, Islamhass und Islamophobie” kündigte Mimoun Azizi an, nach genügend erhobenen Daten über Motivation, Absicht und Strukturen der “Islamophoben” das Ergebnis den Lesern zu präsentieren. Hierzu habe Azizi sich insbesondere durch “Beziehungs- und Vertrauensaufbau zu den Führern dieser neuen faschistischen Ideologie” in die Szene eingeschleust und nach zwei Jahren der Bestandaufnahme genügend Material zusammen, um durch Analyse und Evaluation der Daten die Ergebnisse präsentieren zu können.
Nun meldete sich der Politikwissenschaftler mit einer weiteren Mitteilung auf seinem Facebook-Konto. Hier der Text im Wortlaut:
Liebe Muslime, die Auswertung der von mir unter den Islamophoben erhobenen Daten ist in Arbeit. Da ich und meine Familie seit einigen Tagen von den Islamhassern (aka Islamkritikern) Morddrohungen, Beleidigungen und wüste Beschimpfungen erhalten, möchte ich ergänzend Stellung nehmen:
„Wehret den Anfängen“
Liebe Islamhasser, Islamkritiker und Islamophobe,
habt ihr ernsthaft geglaubt, dass wir Muslime nach den Morden der NSU, den regelmäßigen Brandanschlägen auf Moscheen und den Beleidigungen und Angriffen auf Muslime tatenlos zusehen, wie Ihr ein Klima schafft, die Muslime und den Islam in eine Position drängen möchten, die sehr stark der Judenverteufelung der europäischen Geschichte ähnelt?
Euer Hass war mein bester Bodyguard in eurer Gesellschaft. Ihr habt nach dem „Onkel-Tom-Muslim“ gesucht und geglaubt, ihn in mir gefunden zu haben. Eure Empörung über meine investigative Arbeit nehme ich nicht ernst. Ich bin nicht der Erste und werde nicht der Letzte sein, der eure Agenda publik machen wird.
Denn die freie Religionsausübung und der Minderheitenschutz der Muslime sind kein Kompromiss, sondern Grundrecht. Insofern ist Euer Dagegen sein in jedem Fall nicht akzeptabel und verdient meinen Respekt nicht.
Eure menschenfeindlichen Ansichten bezüglich Islam und Muslime finden großen Applaus bei rechtsgesinnten Leuten der AFD, NPD und Pegida.
Eine gesellschaftliche Umorientierung, die langfristig angelegt sein kann, der Aufbau eines Feinbilds, wie Ihr ihn bezweckt, kann am Ende sehr viel mehr Schaden anrichten, als so mancher Skinhead, der eher die primitive Kriegsform darstellt. Aus der Vergangenheit lernen, heißt also nicht Euch zuzujubeln, sondern klare Distanz zeigen. Ihr wollt spalten!
Es ist ohnehin ein Armutszeugnis einer kritischen Diskussionskultur bezüglich des Islam, wenn man immer wieder auf sog. Islamwissenschaftler zurückgreift, die wirklich alles sind, nur nicht kritisch, sondern in ihrer einseitigen Polemik nur Schaden erzeugen.
Gewisse Damen und Herren haben sich auf die Formel, Islam = Rückschritt und Mittelalter geeinigt und setzen diese Predigt, egal in welchem Zusammenhang gebetsmühlenartig ein. Diesen Unterton erkenne ich, ich nehme ihn wahr, denn das Strickmuster wird so einseitig, notorisch gegen Menschen und eine Religion geführt, dass ich sie für falsch und menschenunwürdig halte. In diesem Sinne beharre ich auf das Argument, nicht die Muslime reißen uns ins Mittelalter zurück, sondern nur Ihr.
Ob Rechtsradikalismus, Antisemitismus oder Anti-Islam, der Grundtenor und die Struktur des Menschenhasses sind immer gleich. Das Geisteswerk der Täter ist ähnlich, die Feindbilder sind gleich.
Minderheitenverfolgung muss nicht in der Gaskammer enden, um sie als falsch zu titulieren. Soweit sollte Eure Geistesgabe schon ausgereift sein. Und aus der Geschichte zu lernen, ist sicher weiser, als in kollektiver Veralberungswut gegen den Islam zu missionieren.
Ihr seid Hassprediger gegen den Islam und Muslime mit intellektuellem Anstrich – letztendlich pöbelt ihr jedoch nur rum. Es geht euch nicht um feinsinnige Kritiken, die zivilisieren und ernsthaft konstruktiven Ritus verfolgen. Nein, es geht um blanken Hass. Nur wenn es um die eigene Haut geht, ist man dann mal wieder Liberaler. Ein Liberaler kann genauso rassistisch sein, wie ein Nicht-Liberaler. Ich erlaube keine Narrenfreiheiten für Niemanden. In diesem Sinne keine Heiligsprechung für die menschenfeindlichen Ansichten der selbsternannten „Islamkritiker“.
Dieses künstlich aufgebauschte Thema „Islamkritik“, das nun rechtsradikale Kräfte in schöner Eintracht mit Islamkritikern und Opportunisten aus der Migrantenriege führen, hat Deutschland eigentlich nur dahin gebracht, dass Moscheen brennen und die Angriffe gegen die Muslime einen historischen Höchststand erreicht haben. Und wofür? Nur um die reine Feindbildpflege weiter zu pflegen.
Wer jedoch schon Angst vor dem Kopftuch hat, weil er sich gleich im islamischen Staat wiederzufinden glaubt, muss zuerst wohl an seiner eigenen Persönlichkeit rumhämmern, als die Gesellschaft permanent retten zu wollen. Man rettet nicht, indem man ausgrenzt, auch nicht sich selbst.
Entweder wir lernen aus der Geschichte oder wir ignorieren sie. Ich bin immer noch für die erste Variante.
Ich kann also nur wiederholen, dass sich hier eine gewisse Narrenfreiheit entwickelt hat, wenn es um die Brandmarkung einer Religion oder Volksgruppe geht. Wer das nicht sieht, will wegschauen. Aber wegschauen bringt äußerst wenig.
Ich halte es da lieber mit „Wehret den Anfängen“.