Die EU-Kommission plant offensichtlich, Online-Brokern die „Payment for Order Flow“ (PFOF) Praxis zu verbieten – zusammen mit weiteren, ähnlich ausgerichteten Maßnahmen bedroht dies das Geschäftsmodell zahlreicher Anbieter erheblich.
Wie sie dagegen Vorkehrungen treffen können, kommentiert Maximilian Biesenbach, Partner in der globalen Banking Practice der Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners:
Die EU-Kommission scheint tatsächlich die sogenannten „Payment for Order Flow“-Gebühren im Retail-Brokerage verbieten zu wollen. In einem kürzlich veröffentlichten Entwurf zur Reform der Europäischen Finanzmarktverordnung (Mifir) heißt es:
„Investment firms acting on behalf of clients shall not receive any fee or commission or non-monetary benefits from any third party for forwarding client orders to such third party for their execution.“
Tritt dies in Kraft, ist die „Payment for Order Flow“ Praxis, also Gebühren, die Online-Broker für die Weiterleitung von Kundenaufträgen an Dritte (bspw. Handelsplätze oder Börsen) von diesen Dritten erhalten, Geschichte. Was wären die Auswirkungen?
Erhebliche Ertragsverluste mittelfristig befürchtet
Das Ertragsmodell der europäischen Online-Broker-Platzhirsche ist damit in Gefahr. Zwar macht die genannte Rückvergütung von Handelsplätzen in der Regel nur drei bis fünf Prozent der Gesamterträge der arrivierten Broker aus, jedoch belegt der PFOF-Bann eine eindeutige Strategie des Gesetzgebers, „versteckten“ Vergütungen im Wertpapierhandel den Garaus zu machen. Daher ist ein Verbot von Rückvergütungen von Produktemittenten (etwa für Zertifikate oder Hebelprodukte) nur der logische nächste Schritt, was dann schon insgesamt 15 bis 20 Prozent der Erträge renommierter Online-Broker vernichten würde.
Rechnen wir jetzt noch den seit der Einführung von MiFID II unter Beschuss geratenen Ertragsstrom der Bestandspflegeprovisionen von Fonds hinzu (je nach Plattform für zwischen 20 und 30 Prozent der Gesamterträge verantwortlich), zeichnet sich ein düsteres Bild für die Zukunft. Mittelfristig ist so nämlich etwa die Hälfte der heutigen Ertragsströme der europäischen Online-Broker-Platzhirsche in Gefahr. Und die derzeit florierenden Low- und Zero-Cost-Broker müssen gleich ihr gesamtes Geschäftsmodell umstellen, da „Payment for Order Flow“-Erträge bei diesen Spielern teilweise für über 25 Prozent ihrer Gesamteinnahmen verantwortlich sind.
Kundengebühren als „Payment for Order Flow“-Ersatz
Daher ist es höchste Zeit, dass Online-Broker, aber auch betroffene Retail- und Regionalbanken, ihre Ertragsmodelle dahingehend neu aufstellen, dass fehlende PFOF-Einnahmen durch Service-Gebühren für Kunden ausgeglichen werden. Welche Bereiche sind hier besonders erfolgsversprechend? Ich empfehle den Marktteilnehmern die Einführung oder Erhöhung der folgenden vier Gebührenkomponenten:
- Erhöhung der Handelsplatz- oder Abwicklungsgebühren, die den Ausfall direkt kompensieren
- Einführung von wiederkehrenden Gebührenkomponenten, wie regelmäßige Plattform- oder Depotgebühren für Stabilität und Perfomance der Plattform sowie für Mehrwertdienstleistungen wie Charting-Tools, Research, etc.
- Erhöhung der Devisengebühren, da bspw. deutsche oder österreichische Anleger im internationalen Vergleich bislang deutlich geringere Aufschläge auf beim Wertpapierkauf anfallende Devisen-Tauschgeschäfte zahlen
- Erhöhung der Transaktionsgebühren, um die sichere, schnelle und fehlerlose Ausführung adäquat zu vergüten
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