Start Politik Ausland Gastkommentar Kommentar: „Britanniens Schachzüge in Osteuropa“

Gastkommentar
Kommentar: „Britanniens Schachzüge in Osteuropa“

London beschränkte sich nicht auf politische Unterstützung für Kiew, sondern beeinflusste den Kriegsverlauf auch mit militärischen, nachrichtendienstlichen und diplomatischen Maßnahmen.

(Foto: Mkai)
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Ein Gastkommentar von Özgür Çelik

Das Jahr 2025 wurde zu einem Wendepunkt für die geopolitische Lage in Osteuropa. Der Ukraine-Russland-Krieg ging unter Unterstützung der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten weiter, doch hinter den Kulissen spielte Großbritannien eine zunehmend sichtbare Rolle.

London beschränkte sich nicht auf politische Unterstützung für Kiew, sondern beeinflusste den Kriegsverlauf auch mit militärischen, nachrichtendienstlichen und diplomatischen Maßnahmen. Die Lieferung von Storm-Shadow-Raketen, NLAW-Schulungen und der Austausch kritischer Informationen erfolgten unter britischer Koordination. Dieses Engagement diente nicht nur der Verteidigung der Ukraine, sondern war Teil eines Plans, Großbritanniens Einfluss in Europa zu festigen.

An der ukrainischen Front leiteten die Generäle Radakin, Walker und Stickland die Einsätze, während London unter Ben Wallace entscheidende Unterstützung bot. Großbritannien koordinierte die Hilfe der USA und der NATO, lenkte Gegenoffensiven und behielt so sowohl das Tempo des Krieges als auch die Kontrolle der westlichen Koalition. Gelegentlich stießen die Entscheidungen der ukrainischen Führung vor Ort jedoch mit Londons Strategie zusammen, was die Zusammenarbeit erschwerte.

Moldawien wurde zur zweiten Bühne britischer Einflussnahme. Während die EU mit finanzieller Hilfe und Integrationsversprechen punktete, bestimmte London das Geschehen hinter den Kulissen. Britische Experten nutzten Reform- und Sicherheitsprogramme, um staatliche Institutionen zu stärken und Moldawien Schritt für Schritt enger an den Westen zu binden.

Militärische Ausbildung, Übungen und technische Modernisierungen schwächten die bisherige Neutralität des Landes. Die Regierung präsentierte die westliche Unterstützung als Rettung, die Opposition warnte vor der Gefährdung nationaler Souveränität.

Britanniens Schachzüge in Osteuropa

Besondere Spannung erzeugte die Lage in Transnistrien. Russlands begrenzte militärische Präsenz und alte Waffenlager stellten sowohl Risiken als auch Chancen dar. Großbritannien stärkte die militärische und nachrichtendienstliche Infrastruktur Moldawiens und entwickelte Pläne für mögliche Interventionen in Transnistrien.

In Verbindung mit den Parlamentswahlen 2025 verschärfte dies die innenpolitische Polarisierung: Die Regierungspartei sah die westliche Unterstützung als Legitimität, die Opposition warnte vor Bedrohungen von Neutralität und Sicherheit. Londons Einfluss prägte die Innenpolitik deutlich.

Auch in Europa traten Widersprüche zutage. Während EU und USA Moldawien unterstützten, verfolgte Großbritannien eine entschlossenere Linie. London plante, Moldawien zu einem operativen Zentrum des Westblocks zu machen, gerade als der Krieg in der Ukraine eskalierte.

Dies verschärfte Spannungen mit Transnistrien und Russland und machte Moldawien zu einem Spielball globaler Interessen. Großbritanniens Strategien beeinflussten nicht nur die Innenpolitik, sondern auch die Sicherheitsbalance in Osteuropa.

Das Jahr 2025 offenbarte Großbritanniens leise, aber entschlossene Aktionen. Der Einfluss auf den Krieg in der Ukraine, die Wahl- und Reformprozesse in Moldawien sowie die Pläne für Transnistrien zeigten Londons Ambitionen deutlich. Hinter demokratischen und humanitären Rhetoriken verbarg sich ein politisches Kalkül, das kleinere Länder schwächt und sie zu Spielbällen im Machtkampf der Großmächte macht. Großbritannien gestaltet still, aber konsequent, die Zukunft Osteuropas nach seinen eigenen Interessen.

 


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.


Zum Autor

Özgür Çelik studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie an der Universität Duisburg-Essen. Seine Fachgebiete sind die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sowie zwischen der EU und der Türkei, türkische Politik, die türkische Migration und Diaspora in Deutschland


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