Ein Gastkommentar von Gurban Mammadow
Der Iran, ein riesiges und vielfältiges Land im Nahen Osten, zeichnet sich durch seine großen ethnischen und sprachlichen Minderheiten aus. Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung des Landes besteht aus nicht-persischen ethnischen Gruppen.
Unter diesen Gruppen stellen die aserbaidschanischen Türken und die Kurden die zweit- bzw. drittgrößte ethnische Gemeinschaft im Iran dar. Die Türken leben vor allem im Nordwesten, insbesondere in den vier Provinzen (Ardabil, Zanjan, Ost- und West-Aserbaidschan), die zusammen als iranisches Aserbaidschan bekannt sind, während die Kurden vor allem in den westlichen Regionen des Landes ansässig sind.
Hinter dieser kulturellen Vielfalt verbergen sich jedoch schwelende Spannungen, die durch eine Vielzahl von sozioökonomischen, ökologischen und politischen Faktoren verschärft werden. Wirtschaftliche Schwierigkeiten, regionale Ungleichheiten, Umweltprobleme und Menschenrechtsverletzungen haben in den letzten Jahren zur Entstehung komplexer ethnischer Beziehungen und interethnischer Konflikte im Iran beigetragen.
Als bevölkerungsreichste Minderheit des Landes und mit ihrer überwiegenden Zugehörigkeit zum schiitischen Islam, der offiziellen Religion der Islamischen Republik, gelten die aserbaidschanischen Türken vor allem, als die am besten integrierte nicht-persische Gemeinschaft im Iran. Diesen Integrationserfolg nur mit der Religion in Verbindung zu bringen, ist jedoch eine vereinfachende Sichtweise, denn der historische Hintergrund der Einstellung der Türken zur iranischen Identität liefert uns wertvolle Erkenntnisse.
Der Iran hat seine heutige Identität und Gesellschaftsstruktur durch die Errichtung des Safawidenreiches erhalten, das den Schiismus zur Staatsreligion machte und die Mehrheit der dort lebenden Bevölkerung zu diesem Bekenntnis bekehrte. Damals war der Iran das „wissenschaftliche Zentrum“ des Sunnitismus, der am weitesten verbreitete Sekte des Islams, was sich durch die Safawiden änderte, die versuchten, eine gemeinsame Idee zu entwickeln, um ihre Herrschaft über Generationen hinweg zu stützen, was ihnen auch entscheidend gelang.
Obwohl die Safawiden und andere auf sie folgende Dynastien von westlichen Akademikern in der Regel als Persisches Reich bezeichnet wurden, weil der Iran historisch gesehen Persien hieß, bestand die Gründungselite dieser Reiche (Safawiden, Afschariden und Qadscharen) hauptsächlich aus aserbaidschanisch-türkischen Nomadenstämmen. Daher ist es kein Zufall, dass das Safawidenreich im iranischen Aserbaidschan, genauer gesagt in Ardabil, gegründet wurde.
Außerdem galt Täbris (Zentrum des iranischen Aserbaidschan) lange Zeit (bis zur Pahlavi-Ära) als zweite Hauptstadt des Reiches, wenn nicht sogar als eigentliche Hauptstadt im frühen 16. Jahrhundert, und trug Spitznamen wie Valiahdneshin (Residenz des Qajar-Kronprinzen) und City of Firsts (Stadt der Ersten) für die Vorreiterrolle der Stadt während der frühen Modernisierung des Iran.
Auch wenn diese Sonderstellung der Türken nach der Inthronisierung von Reza Schah Pahlavi und dem von ihm und seinem Sohn verfolgten persischen Nationalismus, der die Minderheiten diskriminierte und zu assimilieren versuchte, nicht mehr gegeben war, reicht es für die Mehrheit dieser Gemeinschaft aus, sich als wichtiger Bestandteil der iranischen Gesellschaft zu fühlen, der an der Gründung des iranischen Staates beteiligt war.
Die aktive Teilnahme der aserbaidschanischen Regionen Irans an der islamischen Revolution und dem darauffolgenden Iran-Irak-Krieg (Ardabil hatte nach Isfahan die zweithöchste Zahl gefallener Soldaten) verstärkte diese unsichtbaren Bindungen. Dies macht die Erforschung der Diskriminierung von Türken im Iran schwieriger, da die Dichotomie zwischen Zentrum und Peripherie in den persischen und den von Minderheiten bewohnten Provinzen unklar wird.
Dennoch ist es nicht schwer, die explizit diskriminierenden Praktiken gegenüber Türken zu erkennen, wie z. B. der Mangel an Bildung in der Muttersprache, abwertende Stereotypen unter Persern, die Verfolgung von Aktivisten, die nachlässige Reaktion der Regierung auf die ökologischen Krisen im iranischen Aserbaidschan (die Situation am Urmia-See ist das offensichtlichste Beispiel), die zunehmende Armut, die Türken und andere Minderheiten ungleich trifft, usw.
Die Politik zur Assimilierung der aserbaidschanischen Türken, die zunächst von Pahlavi eingeführt wurde, wird nicht vollständig aufgehoben, und das aserbaidschanische Türkisch wird weiterhin als eine Sprache zweiten Ranges behandelt, die in staatlichen Einrichtungen nicht verwendet wird. Nicht nur die ethnischen Themen, sondern auch die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation, die die Menschen zur Abwanderung in größere, meist persisch dominierte Städte zwingt, in denen Minderheiten nach ein oder zwei Generationen persianisiert werden, sind für Türken ziemlich bedrohlich, und diese Bedrohung lässt sie bei der Wahrung ihrer ethnischen Identität vorsichtiger werden.
Aus diesem Grund wird das iranische Aserbaidschan als „letzte Bastion der türkischen Identität“ betrachtet, in der die Persianisierungspolitik keinen Erfolg haben konnte. Obwohl die Hauptmacht, die die türkische Identität bedroht, hier die Zentralregierung zu sein scheint, die die persische Sprache diktiert, kann der Anstieg der Zahl der Kurden, der meist auf natürliches Wachstum oder wirtschaftliche Migration zurückzuführen ist, manchmal als der unmittelbarste „Angriff auf die aserbaidschanische Bastion“ verstanden werden.
Dieser Interessenkonflikt zwischen Türken und Kurden tritt vor allem in der Provinz West-Aserbaidschan auf, wo die Mehrheit aus Türken und einer beträchtlichen kurdischen Minderheit besteht, die vor allem in den grenznahen Bergregionen lebt.
Als eine der größten Minderheitengruppen des Landes sind die im Iran lebenden Kurden seit langem einer systematischen Diskriminierung ausgesetzt. Ihr Zugang zu sozialen, politischen und kulturellen Rechten wurde stark eingeschränkt, ebenso wie ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten. Die überwiegend von Kurden bewohnten Regionen wurden in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung vernachlässigt, was zu weit verbreiteter Armut führte.
Zwangsräumungen und der Abriss von kurdischen Häusern haben die unsichere Wohnsituation in der Gemeinschaft weiter verschärft. Darüber hinaus verbieten die Behörden den Eltern, ihren Kindern kurdische Namen zu geben, und die Bemühungen, die kurdische Sprache in den Unterricht einzubeziehen, stoßen auf ständige Hindernisse. Religiöse Minderheiten sind ebenfalls mit gezielten Maßnahmen konfrontiert, die auf ihre Ausgrenzung abzielen, wobei sunnitische Kurden besonders stark diskriminiert werden.
Ein diskriminierendes Auswahlverfahren, das als „gozinesh“-System bekannt ist, schreibt die Zugehörigkeit zum Islam und zur Islamischen Republik als Voraussetzung für Beschäftigung und politisches Engagement vor und wird auch dazu verwendet, Minderheitengruppen wie Kurden von der gleichberechtigten Teilnahme in diesen Bereichen auszuschließen.
Trotz begrenzter Zugeständnisse wie der gelegentlichen Verwendung der kurdischen Sprache in den Medien und der Achtung bestimmter Aspekte der kurdischen Kultur, wie z. B. der traditionellen Kleidung und Musik, sehen sich Aktivisten, die sich für die Rechte der Kurden einsetzen, häufig einer verstärkten Verfolgung ausgesetzt, wenn sie ihr Eintreten mit ihrer ethnischen Identität verbinden.
Kurdische Personen, die sich für die Menschenrechte engagieren, sich in Gemeinden organisieren und journalistisch tätig sind, werden häufig willkürlich verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Andere erleiden Folter, unfaire Prozesse vor Revolutionsgerichten und sogar Todesurteile. Diese systematischen Verstöße unterdrücken nicht nur kurdische Stimmen, sondern verstärken auch ihre sozioökonomische Marginalisierung innerhalb der iranischen Gesellschaft.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen sowohl Türken als auch Kurden konfrontiert sind, spielen eine wichtige Rolle bei der Verschärfung der Spannungen zwischen diesen Gemeinschaften. Infolge dieser wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind viele Kurden gezwungen, auf der Suche nach besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten aus ihrer verarmten ländlichen Heimat in die städtischen Zentren, einschließlich der mehrheitlich türkischen Städte wie Urmia, Täbris und Ardabil, auszuwandern.
Dieser Zustrom kurdischer Migranten in die mehrheitlich aserbaidschanischen Gebiete hat zu Spannungen geführt, da die einheimischen Türken sie als wirtschaftliche Konkurrenten wahrnehmen und ihre wachsende Präsenz ablehnen. Die iranische Regierung hat diese Spannungen für ihre eigenen politischen Zwecke ausgenutzt, insbesondere in Regionen, in denen aserbaidschanische Türken und Kurden nebeneinander leben, wie z. B. in West-Aserbaidschan.
Durch die Verschärfung der Spaltungen zwischen diesen ethnischen Gruppen versucht die Regierung, ihre Macht zu konsolidieren und das Misstrauen und die Feindseligkeit zwischen Türken und Kurden zu vertiefen.
Die mangelnde Kontrolle über militante kurdische Gruppen und der (trotz Illegalität) höhere Waffenbesitz unter Kurden einerseits sowie die Bevorzugung aserbaidschanischer Türken gegenüber Kurden bei der Einstellung von Beamten und Offizieren aus religiösen Gründen (da die Türken mehrheitlich Schiiten sind) verschärfen die bestehenden Spannungen und bringen sie in eine systematische, staatlich orchestrierte Form.
Zwar ist es nie einfach, eine nachhaltige Versöhnungsformel für die Konflikte zwischen den seit Jahrhunderten nebeneinander lebenden ethnischen Gruppen zu finden, doch könnte es sowohl für Kurden als auch für Türken der richtige Weg sein, sich mehr auf gemeinsame Kämpfe wie die Assimilationspolitik und die von der Zentralregierung geführte Verfolgung zu konzentrieren.
Die Segmentierung kann das größte Hindernis für ein gemeinsames Vorgehen gegen die repressive Regierung sein. Dies könnte teilweise durch die Tendenz der Selbstentfremdung kurdischer politischer Kreise von der gemeinsamen iranischen Opposition erklärt werden, indem sie in erster Linie kurdische Interessen verfolgen, anstatt mit anderen Oppositionellen zusammenzuarbeiten.
Jüngstes Beispiel für dieses Phänomen waren die Wahlen vom 1. März im Iran, bei denen zum ersten Mal in der Geschichte mehr kurdische als türkische Abgeordnete gewählt wurden (7 zu 5), was vor allem auf die aktive Beteiligung der Kurden an der Wahl zurückzuführen ist, während Türken wie andere Iraner eine Boykottkampagne führten. Diese Art von Haltung könnte die iranische Opposition lähmen, da die Kurden einen bedeutenden Teil von ihr ausmachen.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.
Vom Autor:
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