Start Politik Ausland Fall Kavala Kommentar: „Die Türkei gab diesen Botschaften ihr Gesicht zurück“

Fall Kavala
Kommentar: „Die Türkei gab diesen Botschaften ihr Gesicht zurück“

Die unmittelbare Androhung des türkischen Präsidenten Erdogan, zehn westliche Botschafter aus dem Land zu werfen, hat die westlichen Regierungen, veranlasst, sich der Einhaltung von Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zu verpflichten.

(Foto: nex24)
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Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel

Die unmittelbare Androhung des türkischen Präsidenten Erdogan, zehn westliche Botschafter aus dem Land zu werfen, hat die westlichen Regierungen veranlasst sich der Einhaltung von Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zu verpflichten.

Ziehen wir Resümee: Am 18. Oktober, noch vor der Gerichtsverhandlung zur Untersuchungshaft von Osman Kavala, forderten zehn westliche Botschaften der Türkei auf sozialen Netzwerken die Freilassung von Osman Kavala. In einem gesondert aufgeführten Appell bezogen sich die Botschaften von Dänemark, Deutschland, Frankreich, Neuseeland, Kanada, Finnland, Schweden, Norwegen und den Vereinigten Staaten, dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Staatspräsident Erdogan erklärte daraufhin am vergangenen Freitag, er werde das türkische Außenministerium anweisen, die am Appell beteiligten Botschafter als Persona non grata aus dem Land haben zu wollen. Am Montag erklärten die Botschaften der USA, Kanadas und der Niederlande öffentlich, sich der Einhaltung von Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zu verpflichten.

Was ist passiert?

Die westlichen Regierungen hatten mit ihrem Bluff kein Erfolg, weil sie die Türkei, mit ihrer jahrhundertealten Tradition in der Diplomatie, nicht mit eingerechnet hatten. Man erhoffte sich, dass die Türkei über diese öffentliche Aufforderung der Botschaften einfach hinweg sieht und klein beigibt, ohne dass der Bluff von versierten Fachleuten bemerkt wird.

Falsch gedacht!

(Screenshot/Twitter)

Als Diplomat einer anerkannten souveränen Nation muss man sich an internationales wie auch an nationales Recht halten. Man kann ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), die über ein Verfahren entschied, die in der Türkei gegen Osman Kavala zwischen Oktober 2017 und Februar 2020 (endete mit einem Freispruch) geführt wurde, nicht auf ein neues strafrechtliches Verfahren anwenden, die seit Ende Februar 2020 bis heute andauert. Salopp gesagt: Man kann nicht mit einem Widerspruch gegen einen Strafzettel, noch einen weiteren Strafzettel anfechten. Genau das haben die zehn Botschafter aber getan. Und das war mehr als hirnrissig, geradezu peinlich!


Türkei: Botschaften machen einen Schritt zurück


In den westlichen Staaten können Lokalpolitiker, Parlamentarier, ja sogar Regierungsvertreter diese Feinheiten des Rechts übergehen und damit quasi das eigene Volk volltrunken machen und Druck auf ein anderes Land ausüben. Aber in der Diplomatie stößt man mit solchen Halbwahrheiten und Lügen auf Granit, verliert dabei mitunter Zähne. Die Botschaften, die sich nun seit Montag zur Einhaltung von Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen verpflichten, dürfen nun als Gast weiterhin die Gastfreundschaft der Türkei genießen, weil die türkische Diplomatie diesen BotschafterInnen die Gelegenheit und Möglichkeit gab, sich von ihrem Fehltritt zu distanzieren. Ein einfaches, „ich gelobe es nicht mehr zu tun“, reichte da vollkommen aus.

Nichtsdestotrotz muss man als Betrachter feststellen, dass die BotschafterInnen dieser westlichen Staaten kein Rückgrat oder Stolz besitzen. Bei so einer öffentlichen Schelte hätten die meisten längst die Koffer gepackt und hätten sich erst gar nicht auf weitere Geplänkel eingelassen. Aber das ist nun mal Diplomatie, wo das Gesicht wahren zur Grunddisziplin gehört. Die Türkei gab diesen Botschaften wohlwollend ihr Gesicht und Leumund zurück. Hoffenlich merken Sie sich das fürs nächste mal!


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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